Wien-Wahl 2020 aus christlicher Zeit
4 Fragen an PolitikerInnen
Wir möchten von den KandidatInnen der Parteien wissen, wie sie das Christentum leben. Dabei lassen wir jeweils eine/n Kandidaten(in) jener Parteien zu Wort kommen, die bei der letzten Wien-Wahl 2015 den Einzug in den Landtag und Gemeinderat geschafft haben. Daraus ergibt sich auch die abgebildete Reihenfolge.
Wir betonen an dieser Stelle, dass wir im Sinne der Objektivität die Antworten aller angeführten KandidatInnen in voller Länge und unkommentiert abdrucken. Die Antworten stehen damit nicht (zwingend) in Verbindung mit den Ansichten des SONNTAG, sondern sollen dazu dienen, dass sich unsere LeserInnen selbst ein Bild machen können. Bei der Auswahl war es uns wichtig, dass es sich nicht um die Spitzenkandidaten der jeweiligen Parteien handelt. Zudem haben wir uns bei der Recherche im Vorfeld von mehreren unabhängigen Seiten bestätigen lassen, dass es sich bei den abgebildeten Personen jeweils tatsächlich um PolitikerInnen handelt, die sich ganz bewusst für christliche Werte einsetzen.
- 1. Wie und wo prägt der Glaube Ihr (Alltags)-Leben?
Petr „Peko“ Baxant (SPÖ): Ich habe schon als Kind gelernt, mit einem Gottesbewusstsein zu leben, gut zu meinen Mitmenschen zu sein und nach dem Prinzip der Nächstenliebe zu handeln. Das abendliche „Vater Unser“ ist mein geliebtes Ritual.
Michael Stumpf (FPÖ): Aufgewachsen in einem katholischen Elternhaus kam mir die Übermittlung christlicher Werte von Kindesalter beginnend zugute. Meine Frau und ich sind bemüht, unsere gemeinsame Tochter ebenso christlich zu erziehen. Dies beinhaltet das tägliche Gebet, den sonntäglichen Besuch der Heiligen Messe, das Engagement in der Gemeinde und die regelmäßige Kommunikation mit unseren Patenkindern sowie das Selbstverständnis, dass alles Gute, das wir haben, alleine Gott zu verdanken ist.
Nikolaus Kunrath (Die Grünen): Der Glaube prägt mein Alltagsleben jeden Tag aufs Neue: in meinem Bemühen als Politiker für mehr Gerechtigkeit, für mehr Gleichbehandlung im Sinne des „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Im Mittelpunkt steht für mich neben dem Thema der Gerechtigkeit auch der Umgang mit der Schöpfung. Die Grünen formulieren hier manches vielleicht ein wenig anders bei dieser Klimawahl: Es gibt keinen „Planet B“. Und nur durch ein Verändern verändern wir. Denken wir an die Zukunft.
Jan Ledóchowski (Die neue Volkspartei): Höhepunkt der Woche ist natürlich der sonntägliche Messbesuch mit unseren vier kleinen Kindern. Auch wenn der Trubel groß ist und für meine Frau und mich nur wenig Zeit für Stille und Betrachtung in der Messe bleibt, sind der Gottesdienst und unsere Pfarre ein Anker in unserem Leben. Das gemeinsame Gebet am Abend, die „Jesus-Geschichten“, die die Kinder vor dem Schlafengehen hören wollen, und unser Gebetskreis für Ehepaare helfen Groß und Klein mit Gott gemeinsam durch den Alltag zu gehen.
Bettina Emmerling (Neos): Im Alltag wie in der Politik gibt es immer wieder Situationen, die sehr herausfordernd sind. Da kann Glaube und der Zusammenhalt in einer Pfarrgemeinde Halt und Kraft geben. Ich besuche regelmäßig die Sonntagsmesse in meiner Pfarre, in der meine Kinder auch als Ministranten tätig sind. Das Besinnen auf unser einzigartiges Sein macht mich oft demütig und ich zehre vom Gefühl des Zusammenhalts und der Zuversicht, die mir der Besuch einer Messe und das Wirken in der Pfarrgemeinde mitgeben.
- 2. Was bedeutet Ihr Christ-Sein für die Politik, die Sie machen wollen?
Petr „Peko“ Baxant (SPÖ): „Fürchtet euch nicht“ hat uns Jesus zugerufen. Dieser Satz ist der Leitsatz für mein politisches Tun. Die Gegenkraft zur Liebe ist nicht der Hass, es ist die Angst. Angst zu nehmen und Zuversicht zu vermitteln, darin besteht meines Erachtens gute sozialdemokratische Politik.
Michael Stumpf (FPÖ): Christ-Sein in der Politik ist meinem Verständnis nach der Dienst an der Allgemeinheit, der Dienst an den Menschen. Niemals darf die Verfolgung einzelner, egoistischer Einzelinteressen die Zielsetzung sein. Den Mut zu haben, dann die Stimme für die Interessen der Menschen zu erheben, wenn andere lieber schweigen oder den Kopf in den Sand stecken – so definiere ich Christ-Sein in der Politik.
Nikolaus Kunrath (Die Grünen): Respekt und Toleranz zu leben, und den „Anderen“ entsprechend zu begegnen. Mein Christ-Sein in der Politik (ist dieses denn vom Alltagsleben zu trennen?) mag mir auch in entsprechenden Entscheidungen helfen. Es muss nicht mein „Christ“-Sein als Religion bedeuten, dies könnten für mich auch andere Glaubensbekenntnisse sein, die ich selbstverständlich ebenso akzeptiere. Ich finde es nur bedauerlich, wenn heute Politik*innen sich ihr „Christ-Sein“ selbst zurechtzimmern, und sich damit in ihrem Handeln rechtfertigen
Jan Ledóchowski (Die neue Volkspartei): Liebe Gott und deinen Nächsten, gerade in der Politik! Das heißt Respekt haben vor Anders-Denkenden und offen bleiben für das Schöne, Gute und Wahre, wo immer es sich findet. Das heißt standhaft bleiben, auch wenn es unpopulär ist: Bei der Unterstützung schwangerer Frauen, damit sie sich für ihr Kind entscheiden, beim Schutz der traditionellen Familie, damit Eltern sich um ihre Kinder kümmern können, beim Schutz der Alten und Kranken, damit nicht Tötung auf Verlangen die einfachste Lösung ist.
Bettina Emmerling (Neos): Religion ist Privatsache und ich bin daher davon überzeugt, dass Kirche und Staat streng zu trennen sind. Ich habe eine christliche Prägung, auf die ich stolz bin, gleichzeitig leben wir in einem Land, in dem viele Religionen vertreten sind und toleriert werden müssen. Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, das wir in unserer aufgeklärten Demokratie verteidigen müssen. Was ich mir wünsche: einen gemeinsamen Ethik-Unterricht für alle Religionsgemeinschaften, um sich über gemeinsame Werte und ein geglücktes Zusammenleben zu verständigen.
- 3. Was braucht Wien derzeit besonders?
Petr „Peko“ Baxant (SPÖ): Wien hat das Potential, ein Leuchtturm des Friedens für die Welt zu sein. Wir sind eine diverse Gesellschaft, eine Melange aus vielen Kulturen, Sprachen und Glaubensrichtungen. Bürgermeister Michael Ludwig – übrigens auch ein Katholik – hat mit dem Campus der Religionen in der Seestadt Aspern genau die richtige Initiative gesetzt, deren nachhaltig positive Wirkung wir uns noch gar nicht vorstellen können. Ich bete für den Erfolg dieses neuen Friedenszentrums.
Michael Stumpf (FPÖ): Wien braucht Politiker, die die christlichen Errungenschaften der Vergangenheit, welche heute durch linke Kräfte immer mehr unter die Räder kommen, hochhalten. Wien braucht Politiker, die radikalislamistischen Entwicklungen die Stirn bieten. Ich will alles daran setzen, dass mein Kind in einer Stadt aufwachsen kann, in der der christliche Glaube ohne Einschränkungen auch in Zukunft gelebt werden kann. Weiters braucht Wien ein unmissverständliches Bekenntnis zum Schutze des ungeborenen Lebens.
Nikolaus Kunrath (Die Grünen): Es ist unsere Aufgabe aufeinander zuzugehen, „den Anderen“ besser kennen zu lernen und uns durch Andere nicht auseinanderdividieren zu lassen. In der Menschenrechtsstadt Wien darf es kein gegenseitiges Ausspielen der Religionen geben. Wien, das sind wir alle. Egal welcher Erfahrung, Herkunft und Religion. Wir brauchen und müssen die gleichen Chancen und Risiken leben und haben dürfen. Und dementsprechend müssen wir Barrieren abbauen. Im Kopf wie im täglichen Leben.
Jan Ledóchowski (Die neue Volkspartei): Wir müssen mehr für Familien tun, denn sie leisten so viel für Kinder und pflegebedürftige Angehörige. Doch viele Eltern geraten spätestens mit dem dritten Kind an Belastungsgrenzen. Wohnung und Auto sind zu klein, der Job nicht vereinbar und das Geld wird knapp. Vielleicht wird deshalb das dritte Kind am häufigsten abgetrieben? Das muss sich ändern! Wenn jeder Krippenplatz für Babys mit bis zu 2.000 € gefördert wird, haben auch Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, mehr verdient.
Bettina Emmerling (Neos): Wien hat wie die gesamte Welt eine der größten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Krisen zu bewältigen. Was wir jetzt brauchen ist Zusammenhalt, Zuversicht und Nächstenliebe, über ideologische Grenzen hinweg. Nur gemeinsam werden wir diese Krise hinter uns lassen und in eine gute Zukunft blicken können
- 4. Ihre stärkste Gotteserfahrung?
Petr „Peko“ Baxant (SPÖ): Eigentlich ist fast jeder Gottesdienst für mich eine starke Gotteserfahrung, habe schon als Kleinkind begonnen zu ministrieren und der „Zauber“ der Liturgie hat mich seither stets fasziniert und seelisch ergriffen. Besonders war für mich aber der 15. 8. 2018. Da habe ich mit Freunden eine geodätische Kuppel auf einer Alm im Toten Gebirge auf 1700 Meter Höhe aufgestellt, um eine Heilige Messe zu Ehren der Gottesmutter und ihrer Aufnahme in den Himmel zu feiern. An dem Tag haben wir uns Gott alle sehr nahe gefühlt.
Michael Stumpf (FPÖ): Ich verbrachte die Ferien mit 16 Jahren alleine auf einer menschenverlassenen Farm. Die Besinnung auf die Schöpfung Gottes, die Schönheit der Natur, die absolute Stille und das Leben im Einklang mit Tieren, um die ich mich kümmern musste, erdete mich und lud zur Besinnung und zum Beten ein. Als ich eines Nachts unter sternenklarem Himmel betete, fühlte ich förmlich, wie die absolute Güte und Liebe Gottes wie ein Feuer durch mich drang. Eine bis heute einzigartige Begegnung mit dem Vater!
Nikolaus Kunrath (Die Grünen): Für mich war es spürbar als Regierungskoordinator und Mitarbeiter der Caritas Österreich im Irak und Iran KurdInnen zu unterstützen, sodass sie wieder ein wenig Glück und einen normalen Alltag u.a. durch den Wiederaufbau ihrer Häuser finden. Aber auch als „Gutmensch“ und „Willkommensklatscher“ seit 2015 Flüchtlingen in Wien zu helfen und Rat zu geben. Aktuell mit meinem Wunsch, Kindern aus Moria die Chance auf ein menschenwürdiges Leben in Wien zu geben.
Jan Ledóchowski (Die neue Volkspartei): Mit 16 Jahren stand ich vor einer Entscheidung: Ist es wahr, was ich jeden Sonntag in der Kirche höre? Ich habe mich in eine Kapelle zurückgezogen und zum ersten Mal in die Stille die Frage hineingeworfen: „Gibt es dich?“ Die Antwort, die ich bekam, hat alles verändert und in mir erwuchs der Wunsch, Priester zu werden. Es kam anders und 20 Jahre später bin ich verheiratet und habe vier Kinder, doch geblieben ist, dass ich wie Augustinus bete: „Unruhig ist mein Herz, bis es ruht in Dir.“
Bettina Emmerling (Neos): Das sind besonders Momente des Glücks und der Dankbarkeit, die ich durch meine Kinder und meine Familie erfahre. Aber auch Begegnungen mit Menschen, die mein Herz berühren oder Ereignisse, die mich nachhaltig prägen.
Autor:Michael Ausserer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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