Leidenschaft
Obdachlosenseelsorgerin Claudia Kapeller: „Du bist mir wichtig und du bist wertvoll“

Foto: privat

Mit diesem Herbst übernimmt die gebürtige Mühlviertlerin Claudia Kapeller das Amt der Obdachlosenseelsorge von Helmut Eder. Ihr großes Ziel ist eine Gesellschaft, in der niemand am Rand steht. 

„Das war nicht mehr meine Welt“, sagt Claudia Kapeller über ihren Entschluss vor einigen Jahren, den Job als Bankangestellte aufzugeben und stattdessen in den Sozialbereich zu wechseln. Sie wuchs als jüngstes von neun Kindern im Mühlviertel auf und galt als das Nesthäkchen der Familie. In Freistadt ging sie zur Schule, absolvierte die Handelsakademie und arbeitete dann einige Jahre bei einer Bank.

Privat hat sie sich schon immer sozial und ehrenamtlich engagiert, war beispielsweise beim Jugendrotkreuz tätig und betreute in ihrer Pfarre die Ministranten und Ministrantinnen. Eines Tages gab es in der Bank, für die sie arbeitete, technische Umstellungen. Dadurch wurde der persönliche Kundenkontakt am Schalter reduziert. „Ich wollte aber mit den Leuten reden“, sagt Claudia Kapeller. 

Neuorientierung

Sie entschloss sich, das Kolleg für Sozialpädagogik zu absolvieren und arbeitete danach einige Jahre im Lebenshilfe-Wohnhaus in Freistadt. Von dort ging es weiter zum Diakoniewerk nach Wartberg ob der Aist in die Werkstatt für Menschen mit Behinderung.

2020 schloss Kapeller schließlich ihre berufsbegleitende Ausbildung zur Pastoralassistentin mit einer Diplomarbeit zum Thema „Seelsorgliche Begleitung von obdachlosen Menschen“ ab. „Dieser Bereich hat mich schon immer gereizt“, sagt sie.

Bei ihren Recherchen wurde sie von ihrem Vorgänger Helmut Eder und Sr. Tarcisia Valtingoier, langjährige Mitarbeiterin und Leiterin im Vinzenzstüberl der Barmherzigen Schwestern in Linz, unterstützt. In letzerem durfte Kapeller ein Praktikum absolvieren. „Das war alles sehr wertvoll für mich. Ich habe unterschiedliche Menschen aus dem Bereich interviewt und Erfahrungsberichte gesammelt.“ Bis zum Entschluss, auch in der Obdachlosenseeslorge zu arbeiten, war es dann nicht mehr weit. 

Offenheit und Vertrauen

Regelmäßig besucht die zweifache Mutter nun das Vinzenzstüberl, das Of(f)’n-Stüberl der Stadtdiakonie Linz oder auch das Caritas-Tageszentrum für wohnungslose Frauen Frida. Überall sei sie mit einer großen Offenheit empfangen worden: „Jemand hat sogar gesagt, ich bin die weibliche Version von Helmut Eder“, freut sich Claudia Kapeller. „Ich möchte den Menschen, die ich treffe, vermitteln: Du bist mir wichtig und wertvoll, ich bin da und nehme mir die Zeit, dir zuzuhören.“

Kapeller betrachtet es als große Ehre, von den Lebensgeschichten der Menschen zu erfahren. Es ist für mich etwas ganz Schönes, wenn mir so viel Vertrauen entgegengebracht wird.“ Beispielsweise treffe sie derzeit auf immer mehr Menschen, denen man ihre Lage äußerlich nicht ansehen würde. „Es gibt immer mehr, die schauen müssen, wo sie Essen herbekommen, wie sie ihre Wohnung finanzieren und wo sie auch soziale Ansprache bekommen.“ 

Dass Menschen in Würde leben und auch sterben können, sei Kapeller ein wichtiges Anliegen. Deshalb möchte sie die Fürsorgebegräbnisse fortführen, die in den letzten Jahren entstanden sind. „Wenn sich nach dem Tod eines obdachlosen Menschen keine Angehörigen melden, wird ein Urnenbegräbnis veranlasst und diesem ein würdevoller Rahmen gegeben.“

Zusammen etwas erreichen

Claudia Kapeller möchte nicht nur für die Menschen ein offenes Ohr haben, sondern umgekehrt auch in der Bevölkerung mehr Aufmerksamkeit für diese und andere soziale Randgruppen schaffen: „Gesehen und geachtet zu werden ist für alle Menschen wichtig, das habe ich schon durch die 18 Jahre Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen erfahren. Ich möchte in einer inklusiven Gesellschaft leben, wo niemand am Rand steht.“ 

Beheimatet in der Pfarre Linz-Heilige Familie, möchte Kapeller – deren Mann Diakon und Krankenpfleger ist – mit den anderen Pfarren des Dekanats Kontakt aufnehmen und mit „diesen und allen sozialen Einrichtungen und Organisationen, die sich für obdachlose Menschen einsetzen, gut zusammenarbeiten“. Schon bisher habe sie gespürt, „dass es jedem um den Menschen geht und man gemeinsam etwas erreichen kann. Das ist für mich sehr bereichernd, ich kann mir für mich selbst viel daraus mitnehmen.“ «

Di., 25. Oktober, 18.30 Uhr, St. Barbara Friedhof Linz: „Ein Obdach für die Seele“, Gespräch zum Thema Obdachlosigkeit und Tod mit Helmut Eder und Claudia Kapeller

Autor:

KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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