Keine politische Partei darf bevorzugt werden

Bereits  im Jahr 1952  sprach sich die katholische Kirche im ­„Mariazeller Manifest“ gegen das Staatskirchentum aus und wandte sich vom ­politischen Katholizismus ab.   | Foto: Peter Giovannini / imageBROKER / picturedesk.com
  • Bereits im Jahr 1952 sprach sich die katholische Kirche im ­„Mariazeller Manifest“ gegen das Staatskirchentum aus und wandte sich vom ­politischen Katholizismus ab.
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In der Pfarre Roitham am Traunfall (Bezirk Gmunden) hat ein Werbeplakat der ÖVP auf dem Kirchturm in der vergangenen Woche für Aufregung gesorgt. Während das Banner aufgrund der Kritik bereits abgehängt wurde, bleibt die Fragestellung, in welcher Beziehung zueinander Parteien und Kirche stehen dürfen.

Die Roithamer Kirchturm ist aufgrund der Sanierung derzeit eingerüstet. Um Geld für die Bauarbeiten zu lukrieren, hat die Pfarre Firmen um Unterstützung gebeten. Als Gegenleistung dürfen die Firmen an dem von Weitem sichtbaren Ort ein Werbebanner anbringen. Auch die Volkspartei bot sich als Unterstützerin an. Der Schriftzug „Gemeindearbeit auf höchstem Niveau! – OÖVP“ prangte deshalb am Kirchturm. Die von mehreren Seiten vorgebrachte Kritik an dieser Form der Parteiwerbung – unter anderem von Roithams SPÖ-Bürgermeister – führte jedoch dazu, dass das Plakat wieder abgehängt wurde.

Abkehr vom politischen Katholizismus
Roithams Pfarrer Franz Starlinger betonte gegenüber Medien, dass Kirche und Parteipolitik getrennt werden müssen. Auch in der Diözese Linz ist der Vorfall in Roitham ein Anlass, klarzustellen, was in der Beziehung zu den Parteien möglich ist. An das „Mariazeller Manifest“ der katholischen Kirche erinnert etwa Beate Schlager-Stemmer, Referentin für die Pfarrgemeinderäte in der Diözese Linz. Dieser im September 1952 veröffentlichte Text stellte eine deutliche Abwendung vom politischen Katholizismus in Richtung einer freien Kirche in einer freien Gesellschaft dar. Nach der verhängnisvollen Verquickung von Kirche und Partei in der Ersten Republik und im Dollfuß-Schuschnigg-Regime hat sich die katholische Kirche mit dem „Mariazeller Manifest“ von der Parteipolitik verabschiedet. „Eine wesentliche Konsequenz daraus ist, dass alle Parteien gleich behandelt werden und es keine Bevorzugung gibt“, betont Schlager-Stemmer.
Möglich und grundsätzlich sinnvoll sei aber, dass Pfarren mit den Parteien über inhaltliche Themen in Kontakt treten. Das könne die Schöpfungsverantwortung, Integrationspolitik oder die Caritasarbeit sein. „Wenn sich eine Pfarre zu einem Thema mit der Politik zusammentut, müssen grundsätzlich immer alle Parteien eingeladen werden“, sagt Beate Schlager-Stemmer.

Keine politische Werbung im Pfarrblatt
Parteiwerbung, insbesondere vor Wahlen, bleibt im kirchlichen Kontext tabu, wie Michael Kraml, Sprecher der Diözese Linz, im Gespräch mit der KirchenZeitung betont. Nicht nur vor politischen Wahlen braucht es Sensibilität für das Verhältnis von Parteien und Kirche. „Das betrifft zum Beispiel auch politische Werbung im Pfarrblatt, das wäre ebenfalls nicht erlaubt. Die einzelnen Pfarren dürfen sich nicht von einer Partei vereinnahmen lassen“, sagt Kraml. Das betrifft nicht zuletzt Veranstaltungen: Eine Pfarrveranstaltung, die eigentlich ein Parteifest ist, wird man vor diesem Hintergrund nur schwer vor der Öffentlichkeit vertreten können. Was das Verhältnis von Kirche und Parteien betrifft, stützt sich die Diözese jedenfalls auf ein Regulativ, das aus dem Jahr 2005 datiert. Im Artikel 33 „Kirche und Politik“ ist dabei klar festgehalten, dass Wahlwerbung nicht erlaubt ist. Ob diese Regeln noch eine Nachschärfung bzw. detailliertere Erläuterungen brauchen, wird in den kommenden Wochen von der Diözese Linz analysiert. «


Zur Sache

Das „Mariazeller Manifest“ hielt fest, was eine freie Kirche bedeutet:
„Keine Rückkehr zum Staatskirchentum vergangener Jahrhunderte (...) Keine Rückkehr zum Protektorat einer Partei über die Kirche, das vielleicht zeitbedingt notwendig war, aber Zehntausende der Kirche entfremdete.“
Das „Mariazeller Manifest“ wurde im Vorfeld des Katholikentages vom September 1952 veröffentlicht.

Autor:

KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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