Der umstrittene Katechismus
Vor dreißig Jahren erschien der „Katechismus der Katholischen Kirche“ – eine kritische Analyse seiner Geschichte.
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt“, heißt es im ersten Petrusbrief (3,15). Die Auskunftsfähigkeit der Christ/innen über ihren Glauben in einer Zeit der kritischen Anfragen und der Gleichgültigkeit ist wichtig.
Insofern ist jedes Buch, das verlässlich Auskunft über den Glauben gibt, eine Hilfe. Manche sehen im „Katechismus der Katholischen Kirche“ (KKK) ein solches Werk. Andere kritisieren ihn. Wie kam es dazu?
Hintergrund-Konflikte
Ein Katechismus ist ein Handbuch zur Glaubenslehre; es gab sie in der Kirchengeschichte immer wieder. 1993 erschien der KKK. Er sollte Grundlage für weitere katechetische Werke sein.
Allerdings lagen ihm schon damals Konflikte zugrunde: Zur Vorgeschichte gehört das nachkonziliare Ringen der Kirche mit der modernen Welt. Schon 1966 haben Hollands Bischöfe einen Katechismus herausgebracht, der Rom zu progressiv war und geändert werden musste.
In Deutschland erschien 1985 Band 1 des „Katholischen Erwachsenenkatechismus“ – in jenem Jahr schlug die Weltbischofssynode die Schaffung eines Weltkatechismus vor –, ob aus eigenem Antrieb oder auf höheren Wunsch hin, ist die Frage.
In den folgenden Jahren entstand unter Federführung von Joseph Ratzinger, damals Präfekt der Glaubenskongregation, der KKK. Als Sekretär fungierte der damalige Theologieprofessor Christoph Schönborn.
Laut Ratzingers späterer Darstellung sollten „die Bischöfe aus aller Welt zusammen ein Buch“ schreiben. Zweifellos gab es viele Eingaben. Inwieweit sie Berücksichtigung fanden, ist eine andere Frage. Dass es aber vorrangig ein Buch der Bischöfe und nicht etwa der Theologen sein sollte, hatte schwerwiegende Folgen: Nach dem Erscheinen 1993 stieß das Buch auf lautstarke Ablehnung in der Fachtheologie.
Kritik
Die Vorwürfe lassen sich damit auf den Punkt bringen, dass wesentliche Erkenntnisse der modernen Theologie nicht berücksichtigt wurden; dass Bibel und Kirchenväterschriften wie „Steinbrüche“ behandelt wurden, aus denen man sich nur die passenden Steine holte; dass Teile hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurückfielen.
Auch die Antwortfähigkeit auf moderne Anfragen wird bezweifelt. Beispielhaft sei der Theologe Richard Heinzmann genannt, der die Methode, mit welcher der KKK zusammengestellt worden war, 1994 hart kritisierte. Ginge es nur nach der Methode, dürfte man „streng genommen keine Aussage in diesem Buch ungeprüft übernehmen“.
Dazu kam, dass der KKK die unter Katholik/innen weitgehend abgelehnte Sexualethik wiederholte. Ideologisch ist der KKK bei Johannes Paul II. und Joseph Ratzinger einzuordnen, deren Zugang keineswegs unumstritten war.
Das Paradox
Als Folge blieb der KKK zumindest in der deutschsprachigen Theologie ein Randphänomen. Anders verlief es bei den Bischofsernennungen: Die Zustimmung (oder das Fehlen von Kritik) zum Katechismus wurde zum Lackmustext, um als Bischof infrage zu kommen. So zeigt sich am Beispiel des KKK das Auseinanderfallen von Theologie und bischöflichem Lehramt.
In gewisser Weise ist der KKK ein Paradox: Trotz vieler Übersetzungen und hoher Auflagen spielt er im Glaubensleben der allermeisten Katholik/innen keine Rolle. Auch der Wunsch, dass aus ihm regionale Nachfolgekatechismen entstehen sollten, hat sich offenbar nicht verwirklicht.
Also schritten die Schöpfer nochmals zur Tat: Sie veröffentlichten 2005 ein Kompendium. 2011 erschien der Youcat, der junge Menschen zu erreichen versucht. Doch das Paradox setzte sich fort: Der Youcat wurde massenweise bei kirchlichen Großveranstaltungen wie den Weltjugendtagen verteilt, wobei keine entsprechende Wirkung erkennbar ist. Er wäre, wie auch ein „Youcat for kids“, über die Schulbuchaktion für den Unterricht bestellbar. Es ist aber fraglich, ob er von Lehrer/innen verwendet wird. Nachfragen der Kirchenzeitung legen das nicht nahe.
Bilanz
Hat der KKK die Glaubensverkündigung der Kirche gestärkt? Wohl nur bei jenen, die von vornherein auf derselben ideologischen Linie waren. Zwar bezieht sich Papst Franziskus auf ihn, aber indem er ihn in der Frage der Todesstrafe ändern ließ, nahm er ihm den Nimbus der Unantastbarkeit.
Das Problem des KKK war von Anfang an, dass er aus dem Konflikt der Kirchenleitung mit der Moderne entstanden ist. Dazu passt ein Satz im Vorwort des Youcat, den Benedikt XVI. an die Jugendlichen geschrieben hat: „Ihr müsst im Glauben noch viel tiefer verwurzelt sein als die Generation Eurer Eltern, um den Herausforderungen und Versuchungen dieser Zeit mit Kraft und Entschiedenheit entgegentreten zu können.“
Wie sehr unterscheidet sich dieser Satz vom zitierten Auftrag des Petrusbriefs: Wo dort eine Gott vertrauende Offenheit herrscht, errichtet Benedikt eine ängstliche Abwehr.
Autor:KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung |
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