Streiten
So streitet man richtig gut
Einen Konflikt auszutragen, bringt den Beteiligten mehr, als den Ärger in sich hineinzufressen. Immer auf einen grünen Zweig kommen muss man beim Streiten deshalb nicht.
Ob es um die Wahl des Urlaubsortes geht, das Chaos im Kinderzimmer oder politische Meinungen: Vor allem in engen Beziehungen ist Streit oft unvermeidbar. Umso wichtiger sei es, eine Streitkultur zu entwickeln und streiten zu „lernen“, sagt die Klinische und Gesundheitspsychologin Veronika Burtscher-Kiene: „Oft scheuen wir als Erwachsene das Austragen von Konflikten. Das ist aber von wesentlicher Bedeutung, damit sich nicht zu viel Groll ansammelt, der zu einem späteren Zeitpunkt plötzlich und unkontrollierbar ausbricht.“
Unverzichtbar dafür sind bestimmte „Streitregeln“: „Dazu gehört, den anderen nicht zu beleidigen, sondern eine respektvolle Wortwahl zu pflegen. Auch in der Emotion muss man es schaffen, sich gegenseitig zuzuhören und den anderen aussprechen zu lassen.“ Auszuhalten, dass die andere Person anders ist oder anders denkt, sei dabei die größte Herausforderung, sagt die Ehe-, Familien- und Lebensberaterin von beziehungleben.at Andrea Holzer-Breid: „Jeder hat seine eigenen Werte und versteht Dinge einfach unterschiedlich.“
Ausgleich suchen
Beim Streit geht es zum einen ums Zuhören und zum anderen darum, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen. Beispiel Pärchen-Urlaub: der eine will in den Süden, die andere in den Norden. „Bei solchen Entscheidungen ist das Ausgleichsdenken hilfreich. Das Paar kann die Vereinbarung treffen, dieses Jahr nach Italien zu fahren und nächstes Jahr nach Norwegen. Oder man überlegt sich vor Ort, wie der „Nachteil“ ausgeglichen werden kann, zum Beispiel durch bestimmte Aktivitäten, die der eine gerne macht.“ Diese Vereinbarung müsse aber freiwillig geschehen, um nicht in die Gefahr des „Aufrechnens“ zu kommen, denn das Ziel sei, miteinander eine Lösung zu finden, die für beide passt.
Streitstrategien
Eine gute Methode, konstruktiv miteinander zu streiten, ist, das Gehörte zusammenzufassen. Das entschleunige laut Holzer-Breid das Gespräch und gebe dem Gegenüber das Gefühl, verstanden zu werden. „Deshalb muss man noch lange nicht seiner Meinung sein, aber man reagiert empathisch und versucht, zu verstehen.“ Was aber ist zu tun, wenn die Emotionen zu sehr hochkochen oder man einfach auf keinen grünen Zwieg kommt? „Wenn man merkt, dass man sich verfahren hat oder man sich nicht mehr kontrollieren kann, ist es besser, das Zimmer und damit die ‚Arena‘ zu verlassen, um nach dem Abkühlen der Emotionen wieder aufeinanderzutreffen. Besser, alle Beteiligten gönnen sich eine Pause“, sagt Burtscher-Kiene.
Holzer-Breid rät zudem, das Thema entweder zu beenden oder zu wechseln, wenn es richtig unangenehm wird. Oder das (Streit-)Gespräch werde auf einen anderen Zeitpunkt vertagt. Auch Humor funktioniere in manchen Fällen. Eine weitere Strategie ist das Stellen von W-Fragen (z. B. Wer? Warum? Wie? Wozu?). „Das macht die Diskussion offener“, sagt Holzer-Breid.
Uneinigkeit ist ok
Manchmal ist es schlicht nicht möglich, eine Lösung oder einen Kompromiss zu finden. Das darf auch sein, sind sich beide Expertinnen einig: „Man muss akzeptieren, dass man sich manchmal nicht einig wird. Unterschiedliche Meinungen nach einem Streit einfach nebeneinander stehen lassen zu können, ist auch schon viel wert. Nicht zuletzt zum Wohle der jeweiligen Beziehung und des eigenen inneren Friedens.“ Nicht umsonst lautet ein Satz aus der sogenannten gewaltfreien Kommunikation: „Willst du recht haben oder glücklich sein?“
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Autor:KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung |
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