Wort zum Sonntag von Klaus Einspieler, Diözesanreferent für Liturgie und Bibel
Öffne dich
Das Evangelium dieses Sonntags erzählt von der Heilung eines Taubstummen. Es hat in der Feier der Taufe deutliche Spuren hinterlassen. Seit alters her werden den Taufbewerbern, später den Täuflingen, zum aramäischen Wort „Effata“ symbolisch Ohren und Mund geöffnet. – Sie sollen das Evangelium hören und bezeugen.
Richten wir zunächst unsere Aufmerksamkeit kurz auf das Gehörlos-Sein. Der Taubstumme unseres Evangeliums trägt sein Los wohl schon von Geburt an. In einer Glaubensgemeinschaft, deren bedeutendster Text mit den Worten „Höre, Israel!“ beginnt, erscheint sein Los noch einmal bitterer. Der Zugang zu Gottes befreiendem Wort ist ihm verwehrt. Da der Mensch ein Wesen der Sprache ist, hindert ihn sein Gebrechen zudem, am Leben, wie es sein könnte, teilzuhaben.
Im Grunde genommen geht es im Evangelium aber auch um Menschen, die nichts zu sagen haben. Getaufte sind, wie wir gesehen haben, von Christus selbst ermächtigt, zu reden. Leider ist in unseren Gottesdiensten wenig davon zu bemerken. Sonntag für Sonntag äußern sich stets dieselben Personen zu den Texten der Heiligen Schrift. Es scheint, als hätten sie diesbezüglich die exklusive Deutungshoheit. Einer Bibelwissenschaftlerin, die sich ein Leben lang mit der Bibel befasst, wird nicht zugestanden, was der Ständige Diakon mit theologischer Basisausbildung darf: in der sonntäglichen Feier die Schrift erschließen. Doch nicht nur sie, auch eine Mutter, ein Jugendlicher, ein Bauer, eine Angestellte etc. haben unter Umständen geistliche Erfahrungen gemacht, die für eine Gemeinde eine Bereicherung wären. Das „Effata!“ – „Öffne dich!“ Jesu klingt auf diesem Hintergrund wie eine wunderbare Verheißung. Öffnen wir doch unsere Gottesdienste für den geistlichen Austausch, das Glaubenszeugnis. Denn Sie alle haben etwas zu sagen! Ich bin überzeugt, dass viele Gläubige in den Schluss des heutigen Evangeliums einstimmen würden: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Stummen sprechen.
Autor:Sonntag Redaktion aus Kärnten | Sonntag |
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