Wort zum Sonntag von Elisabeth Schneider-Brandauer
Endlich Ferien

Foto: Stephanie Hofschlaeger/pixelio.de

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Beim Nachdenken über das Sonntagsevangelium sind mir zwei prägende Erfahrungen eingefallen. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Solange mein Vater lebte, war das Bauernhaus nie abgesperrt. Hinter unserem Hof führt die Straße steil bergauf zu weiteren Gehöften und Gasthäusern. Im Winter kam es dann schon manchmal vor, dass wildfremde Menschen im Schlafzimmer meiner Eltern standen und Hilfe brauchten, weil sie noch nie im Leben Schneeketten montiert hatten oder neben den Straßenrand geraten waren.
Mit meiner eigenen Familie wohnten wir viele Jahre ganz in der Nähe eines praktischen Arztes, der gleich anschließend seine Wohnung hatte. Er war ein sehr guter Arzt, und die Leute kamen aus der ganzen Gegend. Außerhalb der Öffnungszeiten aber war er auf keinen Fall erreichbar. Einmal hat unser älterer Sohn den Fußball samt Schuh in den Garten geschossen. Just in diesem Augenblick wurde die Ordination geschlossen und weil Freitag war, mussten wir bis zum nächsten Montag warten, bis der Ball und der Schuh zurückgegeben wurden. Da half kein Klingeln und Klopfen. Mich hat das gedanklich öfter beschäftigt: Da ist ein Arzt in unmittelbarer Nähe, aber selbst im größten Notfall wird er mir nicht helfen.
Jesus weiß auch, dass nach anstrengenden Zeiten Ruhe und Erholung ganz wichtig sind. Gerade jetzt ist für viele von uns spürbar, dass wir Abstand von der Arbeit brauchen, damit wir unsere Speicher wieder füllen können. Aber Jesus sah die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen: Diese Haltung Jesu beeindruckt mich zutiefst. Es gibt das Sprichwort: „Der Tod kennt keine Stunde“ – aber oft ist es auch mit der Not so. Ich weiß schon, dass man hier viel in diese Stelle hineindenken kann. Ich nehme sie als einfache Handlungsanleitung für mein Leben: Es ist gut, wenn du achtsam mit dir umgehst und dir Zeiten der Erholung und Ruhe gibst; aber wenn dich unerwartet jemand braucht, hab Mitleid und mach die Tür auf.

Elisabeth Schneider-Brandauer ist Direktorin des Bischöflichen Seelsorgeamts der Diözese Gurk.

Autor:

Sonntag Redaktion aus Kärnten | Sonntag

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