Donners Pietà
Ein Meisterwerk im Gurker Dom

Die Pietà im Dom zu Gurk aus dem Jahre 1740 gilt als die Schönste nördlich der Alpen. | Foto: Foto: Till
2Bilder
  • Die Pietà im Dom zu Gurk aus dem Jahre 1740 gilt als die Schönste nördlich der Alpen.
  • Foto: Foto: Till
  • hochgeladen von Sonntag Redaktion

Am 27. Juni wird der Gedenktag der heiligen Hemma von Gurk gefeiert. Ein guter Anlass, um wieder einmal den Gurker Dom zu besuchen, eine Messe mitzufeiern und dabei ein klassisches Meisterwerk von Georg Raphael Donner, die Pietà in Gurk, näher zu betrachten.
von Josef Till

Georg Raphael Donner (1693-1741), der 1693 in Eßling im Marchfeld geboren wurde, war einer der bedeutendsten und produktivsten Bildhauer im 18. Jahrhundert. Sein Stil war barock mit pseudo-alten Ergänzungen. Den Namen Raphael legte sich Donner aus Bewunderung für den italienischen Maler Raffael zu. Donner war Schüler des bedeutenden Bildhauers Giovanni Giuliani, der aus Venedig stammte. In München dürfte er sich am Anfang des 18. Jahrhunderts die Technik des Bleigießens angeeignet haben. In den 20er-Jahren dieses Jahrhunderts war er in Salzburg tätig, wo er die Skulpturen für das Treppenhaus im Schloss Mirabell schuf. Mit den Arbeiten im Martinsdom in Bratislava wurde er bekannt, dort steht am Hauptaltar die vor 1735 geschaffene Statue des hl. Martin. Nach 1735 entstand sein bekanntestes Werk, der Providentia- bzw. Donnerbrunnen am Neuen Markt in Wien.

Der Kreuzaltar in Gurk
In späteren Jahren bevorzugte der Künstler Blei als Werkstoff. Blei nimmt den Formen die Härte und gibt den Figuren seidigen Glanz. Donner suchte nicht mehr den theatralischen Effekt, sondern menschliches Empfinden, wie Mitleid. Seine letzte große Arbeit, der Kreuzaltar im Dom zu Gurk, erfolgte im Auftrag von Propst Otto Kochler. Die Pietà aus dem Jahre 1740 ist ein Meisterwerk. Sie zeigt eine ergreifende, eindringliche Marienklage mit einem assistierenden, tröstenden Engel und zwei Putti. Die stille Tragik des Todes ist selten erhabener dargestellt. Diese Pietà gilt als die schönste Pietà nördlich der Alpen. Kurz nach der Fertigstellung starb Donner, der „Meister der Plastik“, in Wien. Für dieses herbe, erschütternde, Leid und Trost vermittelnde Opus benötigte Donner 18 Tonnen Blei. Bei dieser Arbeit dürfte er sich eine Bleivergiftung zugezogen haben. 1765/66 schuf der aus Tirol stammende Balthasar Ferdinand Moll (1717-1785) den Tabernakel, einen Leuchter und sechs Altarkreuze. Ihm wird auch die vierfigurige Kreuzigungsgruppe aus Blei in der Gruft der Stadtpfarrkirche St. Lorenzen in Klagenfurt, die er um 1780 schuf, zugeschrieben.

Die Pietà als Vesperbild

Die Pietà zeigt einen außerbiblischen Moment der Heilsgeschichte: Jesus zwischen der Kreuzabnahme und der Grablegung sowie der Auferweckung durch Gott, geborgen im Schoß und den Armen der Mutter. Maria hält ihren Sohn, der von trauernden Engeln flankiert wird. Das Wort Pietà bedeutet so viel wie Erbarmen, inniges Mitgefühl, Mitleid. Eine Pietà ist auch unter der Bezeichnung Vesperbild geläufig, das deshalb, weil die Stufen des Leidens Jesu im Stundengebet der Mönche und Priester den Tageszeiten zugeordnet wurden. Das Stundengebet umfasst sieben Gebetszeiten, die sich vom frühen Morgen bis zum Abend erstrecken. Im Mittelalter war es zur Gewohnheit geworden, die einzelnen Gebetszeiten auf bestimmte Geschehnisse der Passion Jesu zu beziehen. So entsprachen die Mette – der nächtliche Gottesdienst – der Gefangennahme Jesu, die Prim – die erste Stunde - dem Verhör, die Terz – die dritte Stunde – der Geißelung, die Sext - die sechste Stunde – der Kreuztragung, die Vesper – der Abend – der Kreuzabnahme, die Complet – die Beendigung – der Grablegung.

Vision einer Nonne

Die Abendandacht oder Vesper wurde mit der Entgegennahme des toten Jesus durch Maria in Verbindung gebracht. Zur Bezeichnung Vesperbild trug auch die Nonne Mechtild von Helfta aus dem 13. Jahrhundert bei. In ihrem Kloster war es Brauch, am Karfreitag nach der Kreuzabnahme eine Kreuzverehrung abzuhalten; bei dieser Vesper hatte die Nonne eine Vision, in der ihr Maria mit dem Leichnam Jesu auf dem Schoß erschienen war. Donners Pietà: Die lebensgroße, jugendliche Maria wird sitzend auf einem Stein mit ihrem Sohn im Schoß dargestellt.
Dieses Vesperbild in Gurk zeigt eine trauernde Mutter mit dem toten Sohn in ihrem Schoß, umgeben von einem großen trauernden Engel und zwei trauernden und hoffenden Putti. Das Vesperbild verweist auf den Karfreitag, das Leiden und den Schmerz. Es entwickelte sich aus der sich an Jesus orientierenden Passionsfrömmigkeit des späten Mittelalters, erst im 15. Jahrhundert wurde Maria zum Mittelpunkt der Verehrung und blieb es auch im Barock.

Tod und ewiges Leben
Im Barock kommt es zu einer Verbindung von zwei Ereignissen: dem Tod und der Auferweckung Jesu. Die Pietà übersteigt das Irdische, sie vereint Tod und ewiges Leben, sie verweist auf Ostern. Das irdisch Vergängliche strebt zum himmlisch Ewigen, zum Bewusstsein der Vollendung des heilbringenden Leidens. Hervorragend ausgeführt wurden vom Künstler die Gesichter der Madonna und der kleinen Putti, in denen sich Trauer, vor allem aber Hoffnung und Erlösung spiegeln. Man spürt die Freude über den besiegten Tod und die Erlösung. In Leben und Tod, Vergänglichem und Ewigem, Irdischem und Himmlischem liegt die Idee der barocken Kunst. Die Pietà zählt zu den beliebtesten und verbreitetsten abendländischen Marienbildern. Im Barock sind Maria und Jesus gleichrangig und in ihrer Bedeutung gleichwertig. Maria wandelt sich von der schmerzgeprägten Mutter zur liebevollen Frau, die Jesus innig liebt, mit ihm leidet und ihn verehrt. Die Putti sind nicht zu den Engeln zu zählen. Sie leiten sich von den Amoretten und Genien antiker Kunst ab. Die Bezeichnung Putto verweist auf Puteus, den Brunnen, die Zisterne und die Quelle und damit auf ein irdisches Element.

Veranstaltung 
HEMMAFEST im Dom zu Gurk am 27. Juni, dem Gedenktag der hl. Hemma.
Im Rahmen des Gottesdienstes um 10 Uhr im Gurker Dom gibt es die Möglichkeit, den Augensegen zu empfangen, der mit dem Ring der hl. Hemma am Hemmagrab gespendet wird.

Die Pietà im Dom zu Gurk aus dem Jahre 1740 gilt als die Schönste nördlich der Alpen. | Foto: Foto: Till
Das Grab der hl. Hemma, Stifterin von Gurk, befindet sich seit 1174 in der Krypta des Gurker Domes.  | Foto: Foto: Kronawetter
Autor:

Sonntag Redaktion aus Kärnten | Sonntag

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ