Graveurin in Weißbriach
Ein Herz für bunte Glaskunst

Foto: Christine Weeber
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Glasgraveurin aus Leidenschaft – „Der Sonntag“ besuchte die freischaffende Künstlerin Andrea Malowerschnig in
Weißbriach im Gitschtal. Ihr Beruf –
eine Marktnische in dieser bewegten Zeit.
von Christine Weeber

„Tscherniheim“ war eine kleine Industriesiedlung hoch im Gebirge, in der man das sogenannte Waldglas erzeugt hat. Heute ist dort die Hermagorer Bodenalm. In der waldreichen Abgeschiedenheit und unter härtesten Bedingungen wurde der Rohstoff Quarz abgebaut und die nötige Holzkohle zum Schmelzen erzeugt. Das Waldglas vom Golz war ein wahrer Exportschlager: Tafelglas und Hohlglas wurden in alle Kronländer, gar bis Moskau und in die Türkei verkauft.Doch die Glaszentren in Böhmen und Großbritannien wuchsen zu übermächtigen Konkurrenten an, und Tscherniheim wurde 1879 geschlossen. So heißt es in „Die karnische Region im Blickfeld des Gailtaler Heimatmuseums“ in Möderndorf, wo sich Relikte des einst grünen Waldglases befinden.

Graveurin aus Leidenschaft
Andrea Malowerschnig wirkt als freischaffende Glaskünstlerin in ihrer Heimatgemeinde in Weißbriach im Gitschtal – dies seit mittlerweile bald vierzig Jahren. Malowerschnig besuchte die Glasfachschule in Kramsach in Tirol, wo sie ab dem vierzehnten Lebensjahr das Handwerk der Glasgravur erlernte. Danach arbeitete sie lange als Graveurin in Glasgeschäften in Rattenberg in Tirol – bis sie sich wieder für ihre Kärntner Heimat Weißbriach als Hauptwohnsitz und Mittelpunkt ihres kreativen Schaffens entschied. „Gravieren ist mein Beruf. Ich gestalte alles. Etwa die gravierten goldenen Punkte auf einer Vase erfreuen mich“, gesteht Andrea Malowerschnig in ihrem eindrucksvollen Glaskunststudio in Weißbriach. „Wenn ich etwas Neues schaffe, das gelungen ist in der Gravur, dann ist das im Moment ein besonderes Erlebnis, ein Highlight für mich.“

Handwerk aus Glas
Bei der Gravur schneidet der Graveur Ornamente, Schriften und Verzierungen in einen Werkstoff wie Metall oder Glas – dies per Hand oder per Maschine. Die sogenannten „Rohlinge“ von verschiedenen Glashütten, insbesondere aber aus dem Bayerischen Wald, werden Malowerschnig geliefert. In Deutschland beispielsweise gibt es eine Glashütte – die letzte Flachglashütte, wo man Blöcke produziert. „Daraus kann man sehr schöne Dinge fabrizieren, etwa die bunten Glasbrocken, welche mir sehr viel Freude bereiten“, erläutert die Künstlerin. „Ich habe eine große Leidenschaft, etwa beim Aussuchen der Glasgefäße, welche ich mit sehr viel Liebe auswähle und später graviere.“ Jedes Glas ist für sich etwas Besonderes. Und obwohl es hervorragendes Maschinenglas aus der Industrie gibt, achtet Malowerschnig immer auch auf mundgeblasene Gläser.

Ein aussterbender Beruf
Von ihren ehemaligen Mitschülern und Mitschülerinnen haben sich nur wenige für diesen seltenen Beruf des Graveurs entschieden. „Ich bin beim Glas geblieben. In die Selbstständigkeit schaffen es nur wenige. Mein Beruf ist bis zu einem gewissen Grad aussterbend. Doch die Glaskunst ist sicherlich auch eine Marktlücke“, so Andrea Malowerschnig. „Wenn man davon leben kann, ist das Berufsbild des Graveurs schön, vielseitig und interessant“, erläutert sie. „Zurzeit in der Corona-Krise ist es sehr schwierig. Vielleicht ändert sich das wieder. Die Glaskunst, dieses schöne und besondere Handwerk, ist für die heutige Zeit tatsächlich ebenso eine Nische.“ Die Stammkundschaft von Malowerschnig ist dennoch geblieben. Viele Einheimische und Gäste kaufen ihre Objekte im Glaskunststudio – dieses befindet sich in Weißbriach und ist zudem ihr Elternhaus.
„Ich habe eine große Liebe zu Glas. Eine Liebe zu etwas kann man nicht bestimmen“, gesteht sie. „Was einen fasziniert, das hat man, oder das hat man nicht. Der, der diese Empathie nicht besitzt, macht hier nicht weiter.“ Auf der Homepage der Glaskünstlerin heißt es: „Es geht ihr dabei um das stilvolle Unterstreichen schöner Gläser. Die Natur ist die Inspiration für ihre Arbeiten. Sie beherrscht diese uralte Methode, in die Oberfläche von Hohl- und Flachgläsern Motive einzugravieren.“

Zukunft für die Glaskunst
Die Situation der Glasproduktion in Mitteleuropa ist momentan sehr problematisch – in Polen, Rumänien oder auch in Tschechien ist sie stagnierend. Mundgeblasene Gläser sind eine wahre Rarität. „Diese Zeiterscheinung wird sich in Zukunft auch nicht ändern, genauso wie etwa bei Porzellanmanufakturen.“ Internationale Vorbilder wie das italienische Muranoglas oder das schwedische Kosta Boda findet die Künstlerin dennoch – das vor allem im hohen Norden: „In Schweden gibt es noch einige Glashütten, Tscherniheim in Oberkärnten gehört aber der Vergangenheit an“, sagt Andrea Malowerschnig heute. Ihre Tochter Marie, 33 Jahre alt, ist überdies Quereinsteigerin im Glaskunststudio ihrer Mutter. Ohrringe, Ketten und vieles mehr – sie hat sich für die Herstellung von Schmuck aus Spiegelglas entschieden und sich dementsprechend darauf spezialisiert. Marie hat immer neue, interessante Ideen und findet ihre eigene Strategie – das mit Erfolg. Was die Zukunft bringt, bleibt für die beiden offen: „Wir werden sehen, wie es weitergeht“, so Andrea Malowerschnig.

Autor:

Carina Müller aus Kärnten | Sonntag

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