Die Singgemeinschaft Oisternig
Von Kärnten in die weite Welt

Foto: weeber

Mitten unter die Teilnehmer des spannenden Symposiums „In die Welt hinaus“ der Singgemeinschaft Oisternig mischte sich der „Sonntag“.
Anlässlich ihrer 70-Jahr-Jubiläums-Feier begaben sich die Sänger und Sängerinnen auf die Spuren der „Auswanderer aus dem Unteren Gailtal“ in den 20er- und 50er-Jahren.
von Christine Weeber

„Heimat ist Tiefe und nicht Enge“, so der Appell des Historikers Peter Wiesflecker anlässlich des Symposiums „In die Welt hinaus…“ der Singgemeinschaft Oisternig in der Musikschule von Feistritz im Gailtal im Gespräch mit dem „Sonntag“. In diesem Jahr feiert die Singgemeinschaft bereits das 70. Jubiläum ihres Bestehens.
Eine interessante Spurensuche
Das Symposium befasste sich mit „Auswanderern“ aus dem Unteren Gailtal in der Jahrhundertwende, den 20er- und 50er-Jahren. Was wurde aus ihren Träumen? Wie erging es ihnen in der Fremde, als sie ihr Glück über dem großen Teich zu finden hofften?
Zu den Referenten zählten neben dem österreichischen Archivar und Landeshistoriker Peter Wiesflecker der Historiker Werner Koroschitz, der Psychotherapeut und Theologe Arnold Mettnitzer sowie Margit Heissenberger, Geschäftsführerin der Initiative für Kärnten, Carinthian Welcome Center (CWC).
Durch das Programm führte die Obfrau der Singgemeinschaft Oisternig, Claudia Leitner. Unter den Anwesenden befand sich auch Ehrenobmann Berti Kaiser. „Nach Amerika auszuwandern, von 1880 aufwärts bis nach dem Zweiten Weltkrieg, hatte vor allem wirtschaftliche Gründe“, so Wiesflecker.
Das Untere Gailtal lebte von Pferdezucht, es war ein wirtschaftliches Rückzugsgebiet. „Mit dem Eisenbahnbau ist dieses Geschäft weggebrochen. Dadurch waren Arbeitsplätze beziehungsweise finanzielle Mittel nicht mehr vorhanden. Gründe dafür, vor allem für weichende Söhne und Töchter, sich in Amerika eine neue Existenz aufzubauen“, informiert Wiesflecker.
Der amerikanische Traum? „Ich denke, diesen definiert jeder Mensch anders. Vielleicht gibt es heute für viele Immigranten, die nach Europa kommen, eine Form des amerikanischen Traums“, betont Wiesflecker. Wie wird Auswanderung zu einem relevanten Thema im Leben eines Menschen?

Sehnsucht nach der Ferne

Gründe für das Auswandern gibt es bekanntlich viele. Freiheit, Gleichheit, ein Neuanfang? „Es waren der Wohlstand und die wirtschaftliche Sicherheit, möglicherweise ein Neuanfang bei manchen Familien, die ausgewandert sind“, so Wiesflecker. „Das Interessante bei den Auswanderern war, dass sich ein soziales Netzwerk gebildet hat. Es handelte sich um Menschen der gleichen Gegend, die die gleiche Sprache gesprochen haben. Dieses Netzwerk unter Verwandtschaft und Freundschaft hat sich dort in den USA und Kanada fortgesetzt. Auch Kontakte haben sich gehalten.“
Zuerst waren diese Kontakte vielleicht schwächer. In Briefen wird dies deutlich, dass die ausgewanderten Gailtaler sehr am Leben in der alten Heimat teilnahmen. Es gab interessanterweise auch Rückwanderer, die nur für einige Jahre auswanderten.
„Die Auswanderung zwischen 1938 und 1945 hatte politische Gründe. Für den regulären Untergailtaler, der weder religiös noch rassistisch bedroht war, waren es wirtschaftliche Gründe“, erläutert Wiesflecker den vielen interessierten Zuhörern.
Die Migration dieser Tage? Die Auswanderung in unserer Zeit habe, so Peter Wiesflecker im Gespräch mit dem „Sonntag“, „unterschiedliche Gründe, natürlich, wirtschaftliche Besserstellung und Sicherheit, auch ein bisschen dieser amerikanische Traum.“ Wiesflecker erzählt: „Diesen haben viele, die auf der Flucht sind und nach Europa fliehen, aus Angst vor Kriegen, Terror, religiöser Verfolgung.“

Ein Blick in die Zeitgeschichte
„Der Onkel aus Amerika – Aufbruch in eine Neue Welt“ heißt ein besonderes Buch des Villacher Historikers Werner Koroschitz, der die wissenschaftliche Leitung des „Vereines Industriekultur und Alltagsgeschichte (VIA)“ innehat. „Ziel der meisten Kärntner Einwanderer der frühen Auswanderungsperiode waren die deutsch geprägten US-Bundesstaaten des mittleren Westens, wie Minnesota, Illinois und Wisconsin“, schreibt Koroschitz im Kapitel „Kärntner Community“. Darin beleuchtet er detailgetreu verschiedene Briefe, Fotos und den schriftlichen Kontakt von unzähligen Auswanderern nach Amerika. Sie alle wollten den „amerikanischen Traum“ leben. Die Kärntner Immigranten in den 30er-Jahren siedelten sich hauptsächlich in Chicago und Milwaukee (Großstadt im Bundesstaat Wisconsin) an.
„Little Feistritz“ nannten sie ein paar Häuserblocks und Straßenzüge westlich von Downtown Milwaukee. Hier trafen sich die Landsleute in und von Kärntnern geführten Gaststätten, während im Hinterzimmer ihr Gesangsverein probte. Die kleine Kärntner Community in Milwaukee bot den Neuankömmlingen nicht nur Hilfestellung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, sie war auch emotionaler Fluchtpunkt für Heimweh geplagte Auswanderer.

Autor:

Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag

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