Gedanken nach der Corona-Krise
Das Volk Gottes und seine Priester
In der Corona-Krise und aufgrund der Unmöglichkeit, mit der Gemeinde Gottesdienst zu feiern, haben wir auf diesen Seiten über Gemeinde und Priester nachgedacht. Dieser Beitrag soll die Überlegungen nochmals abschließend zusammenfassen.
von Peter Deibler
Das waren die Ausgangsfragen: Was bedeutet die Versammlung für die Aktualisierung der Kirche: Ist sie notwendige Bedingung? Wer versammelt die Gemeinde? Was ist die Kirche, wenn sie sich nicht versammelt? Und:
Was ist ein Priester? Gibt es Priester ohne (versammelte) Gemeinde?
Hilfreich dafür war der Blick in die Bibel, die sowohl für „Volk“ (λα´ος/láos und ο´χλος/óchlos) als auch für „Priester“ (ἱερεύς/hiereús und πρεσβύτερος/presbýteros) zwei verschiedene Begriffe kennt und verwendet.
Wer ist das Volk Gottes?
Die Untersuchung der biblischen Grundlagen bestätigt keinen Gegensatz zwischen Priester und Gemeinde. Beide gibt es nur als direkt von Gott Gerufene. Noch grundsätzlicher: Auch die Schöpfung gibt es nur als von Gott ins Sein Gerufenes. (Hörprobleme von Gläubigen, die den Ruf zur Versammlung für die Eucharistie nicht vernehmen, entsprechen den Wahrnehmungsstörungen für die Gottbezogenheit alles Geschaffenen.)
Aus dem ihm ge-hörenden Geschaffenen ruft Gott sein Eigentumsvolk, damit es ihn erkenne und ihm folge. Die von Gott versammelten Menschen sind Sakrament Gottes, indem sie in der fortwährenden Suche nach der richtigen Antwort das Geheimnis seiner Gegenwart bezeugen. Dafür steht „láos“, das priesterliche Volk Gottes. Seine Versuchung liegt in der pharisäischen Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit, die wir auch von der Selbstbespielung unserer Pfarren kennen, wo Katholiken Programme für den eigenen Kreis veranstalten, aber nicht einmal die eigenen Kinder ihrem Glaubenszeugnis folgen.
Dagegen hat „óchlos“ als Bezeichnung für das „Volk“ den Klang des Unbekümmerten, der Menschenansammlung, die aus dem unmittelbaren Bedürfnis handelt und so auf den Ruf hört. Sie müssen mit dem Rufenden nicht vertraut sein und reagieren auf die Attraktion. Sie sind leicht verführbar und können rücksichtslos werden. Heute sind sie wohl in denen wiederzuerkennen, die wie Konsumenten kirchliche Angebote aus den Regalen holen wie Segnungen, Feierprogramme oder festliche Tagesgestaltungen, ohne sich an Gott oder christliche Lebensweisen zu binden. Aber ihr Lebenshunger bezeugt den geschöpflichen Lebenswillen, der von Gott genährt wird: In ihrer Lebendigkeit sind sie Bild Gottes.
Wer sind seine Priester?
Priester im Sinn von „hiereus“ ist Christus, einziger wahrer Mittler zwischen Gott und Mensch. Ein priesterlicher Dienst kann nichts anderes, als der Menschwerdung Gottes und des Menschen zu dienen, die sich in Jesu Lebenshingabe kreuzen. Für sein Angewiesensein auf Gottes Gaben kann die Ehelosigkeit ein Zeichen sein. Wie ein Gegensatz dazu erscheint der „presbýteros“, der als Ältester besondere Achtung genießt. Er mag durch Alter und Lebensweise manchen menschlichen Sorgen entwachsen sein und wird als weiser Ratgeber gesucht. Wenn Christus eucharistisch die Gemeinde ordnet und leitet, kann er auch durch sein Zeugnis wirken. Aber der Priester ist nicht die Voraussetzung der Gemeinde, und diese ist nicht Voraussetzung für den Priester.
Die Kirche und ihr Bischof
So wie „laós“ und „óchlos“ in der „ekklesía/ἐκκλησία“, der Kirche, aufgehen, wenn sie Christi Ruf hören und ihm folgen, so können „hiereús“ und „presbýteros“ im „ἐπίσκοπος/epíscopos“ (Bischof) aufgehen. Der „Aufseher“ (wörtlich übersetzt) blickt mit Gottes Augen auf die Menschen und sieht in ihnen Gottes Bild. Aber in den realen Menschen und ihrem Gebahren Gottes Bild zu sehen, ist eine Glaubensleistung. Denn dafür muss der Bischof vieles übersehen, das nicht gottgemäß ist. Und ein geistgeleiteter Bischof wird sogar blühende und lebendige Gemeinden sehen, die noch gar nicht da sind, weil er mit Gottes Augen das Mögliche und das Zukünftige sehen kann, um an seiner Geburt teilzunehmen.
Autor:Gerald Heschl aus Kärnten | Sonntag |
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