Wahlfreiheit für Eltern
Die Betreuung von Kindern neu erfinden

Kinderbetreuung ist immer eine wichtige Frage.  | Foto: Foto: Pixels/Yan-Krukau
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Kinderbetreuung – lieber zuhause, in einer Kinderbetreuungseinrichtung, oder doch ein gesunder Mix aus beiden? Welche Art von Betreuung für Kinder am besten ist, wird immer wieder stark diskutiert. Der Katholische Familienverband will Eltern die echte Möglichkeit zum Wählen bieten.
von Carina Müller

Mangelndes Personal, zeitlich begrenzte Betreuungsmöglichkeiten oder überhaupt fehlendes Angebot vor Ort – die Kinderbetreuung ist immer wieder ein stark diskutiertes Thema. Viele Eltern kennen es: Um einen Krabbelgruppenplatz für ein Kleinkind zu finden, muss man manchmal das Kind bereits in der Schwangerschaft anmelden. Auch Tagesmütter und Kleinkindgruppen stehen nicht überall zur Verfügung. Der Katholische Familienverband Kärnten setzt auf ein Kinderbetreuungsmodell, bei dem Eltern die Wahl haben, ob sie ihre Kinder zu Hause betreuen oder eine Fremdbetreuung in Anspruch nehmen wollen. Eine Initiative, die den Wünschen mancher Eltern entspricht und den Alltag von Betreuungseinrichtungen erleichtern kann?

Selbst- oder Fremdbetreuung
Das Modell, für welches sich der Katholische Familienverband Kärnten einsetzt, hat seinen Ursprung im Berndorfer Modell. Gudrun Kattnig, Geschäftsführerin des Verbandes, erklärt: „Josef Guggenberger, der damalige Bürgermeister von Berndorf bei Salzburg, hatte in seiner Gemeinde nicht genügend Bedarf, um eine Betreuungseinrichtung für unter dreijährige Kinder betreiben zu können. Die Einzelfälle, für die es Betreuungsbedarf gab, wurden daher in Nachbargemeinden mitbetreut. Dafür musste die Gemeinde im Monat rund €300,- pro Kleinkind an die Nachbargemeinde zahlen. Damit sich die Eltern die Betreuung leisten konnten, legte das Land rund €450,- pro Monat und Kind dazu.“ Ziel des von Guggenberger initiierten Berndorfer Modells ist es, auch jene Eltern, die ihre Kleinsten in den ersten Lebensjahren zuhause betreuen wollen, finanziell zu unterstützen. Konkret soll das Kinderbetreuungsgeld auf die Höhe des Mindestsicherungssatzes für Alleinstehende (€1.058,-/Monat) aufgestockt werden. Die Aufzahlung soll je zu einem Drittel von Gemeinde, Land und Bund getragen werden. Denn nur, wenn es sich die Eltern leisten können, ihre Kleinsten zuhause betreuen zu können, gibt es echte Wahlfreiheit, so Guggenbergers Überzeugung. „Der Beschluss des Modells wurde 2012 in der Berndorfer Gemeindevertretung parteiübergreifend gefasst. Seither wird der Drittelanteil der Gemeinde gewährt und von vielen Eltern rege in Anspruch genommen. Leider haben das Land und der Bund dabei nie mitgemacht“, fährt Kattnig fort.

Zum Wohl der Familie
Der Familienverband hat dieses Modell für Kärnten adaptiert und setzt sich nun schon über 10 Jahre dafür ein. Grund ist vor allem das Wohl der Kleinkinder, die während ihrer ersten Jahre eine tiefe Verbindung zu einer Person, die nicht wechselt, brauchen. Auch wichtig ist die Möglichkeit der Familien, wählen zu können. Kattnig: „Der Mensch ist ein Bindungswesen. Wir müssen uns binden, bevor wir uns bilden können.“ Gerade bei Alleinerziehenden sieht Kattnig den Drang zur Fremdkindbetreuung sehr kritisch: „Alleinerziehende müssen ein Stellenangebot annehmen, sobald eine Kinderbetreuung vorhanden ist. Aber wenn die Mutter oder der Vater noch beim Kind bleiben möchte, weil es z. B. erst zwei Jahre alt ist, werden ihnen alle Bezüge gestrichen.“ Gleichzeitig ist es dem Verband ein Anliegen, niemandem ein schlechtes Gewissen zu machen. „Es gibt viele Leute, die gezwungen sind, arbeiten zu gehen, weil es wirtschaftlich so eng ist. Ob es dem Kind gut geht, kommt natürlich immer darauf an, wie lange es in einer Einrichtung ist“, so Kattnig. Der Vorschlag beim Kärntner Kinderbetreuungsmodell ist, dass das Land und die Gemeinden an Eltern, die ihre Kinder in Vollzeit betreuen, vom vollendeten ersten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr jeweils € 200,- pro Kind und Monat zahlen. Mit diesem Betrag von € 400,- und dem Kinderbetreuungsgeld in Höhe von € 436,- pro Kind/Monat haben die Eltern, wenn sie sich für die längste Variante beim Kinderbetreuungsgeld entscheiden, für zwei Jahre einen Betrag von € 836,- pro Monat zur Verfügung. Dies entspricht zumindest einer Annäherung an den Mindestsicherungsbetrag.

Mehr Zeit für die Familie
Claudia Riepl ist zweifache Mutter des 6-jährigen Lukas und der 3-jährigen Hanna und lebt zusammen mit ihrem Partner in Mittlern. Wäre das Modell bereits realisiert worden, hätten sie und ihr Partner sich auf jeden Fall dafür entschieden: „Nach der Geburt meines Sohnes musste ich schon nach 18 Monaten wieder arbeiten gehen. Meine Tochter war zwei Jahre alt, als sie in den Kindergarten kam. Bei uns wäre sich das finanziell nicht anders ausgegangen. Ich arbeitete für rund €400,- – mehr als die Hälfte davon mussten wir für die Betreuung ausgeben. Der zweite Grund war der Druck, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Wenn ich das Geld gehabt hätte, um mindestens drei Jahre lang bei meinen Kindern zu sein, hätte ich es gemacht.“ Die 33-Jährige arbeitete 17 Jahre lang als Friseurin in einem Salon. Nun macht sie sich als mobile Friseurin selbstständig und besucht dabei vor allem ältere Menschen, die nicht mehr in den Salon kommen können oder wollen: „Den Schritt in die Selbstständigkeit machte ich meinen Kindern zuliebe. Ich bin flexibler und kann beispielsweise ein paar Stunden am Vormittag arbeiten, während sie in Betreuung sind oder abends, wenn mein Partner zu Hause ist. Die Kinder sollen nicht den ganzen Tag in einer Betreuungseinrichtung sein, sondern Zeit in der Familie erleben.“ Für eine ausgewogene Fremd- und Eigenbetreuung wurde die Kinderbetreuungsampel herausgegeben. Sie wurde von Expert:innen erstellt und zeigt beispielsweise, wie viele Stunden ein Kind pro Tag maximal fremdbetreut werden sollte. Denn „Betreuungseinrichtungen sind wichtig und notwendig. Jedoch sollte die Wahlfreiheit gegeben sein“, fordert Kattnig.

Autor:

Sonntag Redaktion aus Kärnten | Sonntag

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