Zusammenschluss von sieben Organisationen
„Die Schöpfung bewahren“
Martin Strele ist der Geschäftsführer des neu formierten Vorarlberger Dachverbands „Welthaus“, welcher in Dornbirn ansässig ist. Was die Vorteile eines solchen Verbands sind, was in Zukunft noch für Projekte anstehen und was er selbst zu einer „besseren Welt“ beiträgt, erzählt er im KirchenBlatt-Interview.
Kathrin Groß
Was kann man sich unter dem Welthaus vorstellen?
Martin Strele: Das Welthaus ist ein Zusammenschluss von sieben katholischen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit im Land. Dabei sind Bruder und Schwester in Not, die Caritas Auslandshilfe, die Katholische Frauenbewegung, das Werk der Frohbotschaft Batschuns, die Dreikönigsaktion, plan:g sowie die Internationalen Freiwilligeneinsätze. Wir sind ein bereits gegründeter kirchlicher Verein und haben einen öffentlichen Rechtsstatus, wir fungieren also als Rechtspersönlichkeit. Die gemeinsame Geschäftsstelle des Welthauses befindet sich in der Bahnhofstraße 9 in Dornbirn, diese ist jedoch derzeit noch im Aufbau.
Wie sieht die Zusammenarbeit aus, was sind die Vorteile eines solchen Zusammenschlusses?
Strele: Der Ansatz, näher zusammenzurücken, ist allen involvierten Organisationen ein großes Anliegen. Man möchte zusammenarbeiten und gemeinsam auftreten, denn zusammen kann man mehr erreichen als jeder für sich alleine. Ein Beispiel ist die inatura-Ausstellung „Wir essen die Welt” vom Jahr 2019, welche die Caritas zusammen mit der inatura organisiert und abgewickelt hat: Diese lockte damals sehr viele Besucher an und war äußerst erfolgreich. Damals ist der Gedanke aufgekommen, dass es doch optimal wäre, wenn mehrere Organisationen an so einem Projekt mitarbeiten würden und ihren Input einbringen könnten. Einen wichtigen Grundgedanken brachte auch die Caritas Auslandshilfe mit ein. Seit Jahrzehnten unterstützt diese äthiopische Kleinbäuerinnen, spürt aber, dass ihre Hilfe im Vergleich zu den negativen Einflüssen von außen sehr viel weniger ausrichten kann als gewünscht. Sinnvoll wäre es, nicht nur armen Menschen beispielsweise in Afrika und Lateinamerika zu helfen, sondern das Problem an der Wurzel anzupacken, und diese liegt, wieder einmal, im reichen Norden. Auch hier wäre eine Kooperation mit anderen Organisationen wünschenswert.
Können Sie bereits konkrete Beispiele für zukünftige Projekte nennen?
Strele: Erarbeitet wird gerade ein „Programm“ für die Bildungsarbeit bei uns im Land, welches in Zukunft aus einem Guss kommen soll. Ebenfalls soll die Qualität der Auslandsarbeit weiterentwickelt werden. Wir merken zunehmend, dass die Anforderung in der Projektarbeit immer größer wird und zu Recht immer mehr kritische Stimmen laut werden. Das soll sich ändern. Ebenfalls möchten wir Angebote in Richtung der einzelnen Pfarren entwickeln. Weitere Themen wären der verantwortungsvolle Umgang mit CO2-Emissionen, aber auch Kinderschutz, Gewaltschutz, Korruption und Machtmissbrauch. Im Allgemeinen ist es uns ein großes Anliegen, über die klassische Zielgruppenarbeit und die klassischen Räume hinauszudenken. Papst Franziskus hat mit seiner Laudato si‘ ausgedrückt, dass die Kirche eine Verantwortung für die Armen hat. Anschließend hat es einen Schub der entwicklungspolitischen Arbeit gegeben, doch es ist noch mehr möglich. Diese Arbeit ist die Kernaufgabe, um die Welt lebenswert zu machen und die Schöpfung zu bewahren, sodass alle Kinder der Erde gute Entwicklungs- und Lebensgrundlagen
haben.
Weitere größere Städte in Österreich haben ebenfalls Welthaus-Verbände gegründet. Agiert der Vorarlberger Dachverband eigenständig oder gibt es Verbindungen?
Strele: Das Welthaus Vorarlberg ist ein alleinstehender, selbstständig agierender Verein. Natürlich werden wir aber in Zukunft dennoch ebenfalls mit anderen Vereinen kooperieren. Mit Welthaus Innsbruck beispielsweise konnten wir bereits erste Projektideen entwickeln, auch mit Welthaus Graz wollen wir zusammenarbeiten. Wir stellen aber vollkommen unterschiedliche, eigenständige Organisationen dar.
Wie kamen Sie zu Welthaus?
Strele: Ich komme ursprünglich aus der Entwicklungsarbeit und bin seit 1993 mit eigenen Projekten in Westafrika tätig. Ich habe auch Erfahrung darin, Dinge zu gründen und aufzubauen und Prototypen zu entwickeln. Aus diesen Gründen hat man bei mir angefragt, ob ich die interimistische Geschäftsführung des Welthauses machen möchte und ich habe zugesagt. Diese Stelle wird jedoch voraussichtlich ab Mitte nächsten Jahres neu ausgeschrieben und anschließend ordentlich mit einem festangestellten Geschäftsführer besetzt werden. Wen ich hier außerdem erwähnen möchte, sind meine Kollegen, welche das Welthaus derzeit mit mir zusammen aufbauen: Das sind Martina Jäger, Jürgen Mathis und Susanne Schaudy. Jede/r von ihnen hat bereits in ähnlichen Bereichen gearbeitet und bringt wertvolle Ressourcen mit.
Was tragen Sie selbst zu einer „besseren Welt“ bei?
Strele: Da gibt es verschiedene Ansätze. Ein Beispiel ist, dass ich kein Auto besitze und konsequent öffentliche Verkehrsmittel nutze. Ich schätze nicht nur den Ansatz, dass dies der Umwelt zugutekommt, sondern auch die Umstände, dass ich unterwegs entspannen oder bei Bedarf auch arbeiten kann. Außerdem bin ich gerne mit dem Fahrrad unterwegs. Wenn ich von mir zuhause in Wolfurt nach Bregenz ins Büro fahre, wähle ich stets eine Strecke an der Bregenzer Ache. Ich genieße diese Fahrten sehr, sie nehmen Dampf raus und sind entschleunigend. Im Allgemeinen ist es mir einfach wichtig, authentisch zu bleiben. Die Welt braucht keine Propheten, welche Wasser predigen, aber Wein trinken. Ich möchte einen klimafreundlichen, gerechten Lebensstil führen und das kann nicht nur machbar, sondern auch erfüllend sein. Gerade als - dreifacher - Vater finde ich es essentiell, die Schöpfungsverantwortung ernst zu nehmen, ansonsten könnte ich meinen Kindern nicht mehr in die Augen sehen. Auch in Bezug auf den Klimawandel ist es relativ klar, was für eine Verantwortung gerade auf unserer Generation liegt.
(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 48 vom 2. Dezember 2021)
Autor:KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt |
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