Diözesaner Besinnungstag mit Joachim Kügler.
Was bedeutet Jesus für mich?

Der Sturm fordert den Glauben von Petrus. | Foto:  Emiliano Arano / Pexels.com
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Ausgehend vom Gang Jesu auf dem Wasser (Mt 14,22-23) erklärte der Bamberger Neutestamentler Joachim Kügler beim diözesanen Besinnungstag den heutigen Umgang der Bibelwissenschaften mit Wundererzählungen. Ein sehr persönlicher Einstieg lud die Teilnehmer/innen aus der Diözese ein, sich selbst mit der existentiellen und spirituellen Dimension des Textes zu befassen.

Wolfgang Ölz

Bischof Benno Elbs begrüßte die vielen Menschen aus verschiedenen Bereichen und Regionen des Landes zu diesem Online-Besinnungsvormittag auf Zoom. Hans Rapp von der Diözese stellte den Referenten des Besinnungstages, Joachim Kügler, vor.

Seewandel Jesu

Joachim Kügler, Experte für das Lukas- sowie Johannes-Evangelium und Afrikanische Theologie, strich heraus, dass Spiritualität und Wissenschaft nicht als Gegner, sondern als Bereiche betrachtet werden können, die sich gegenseitig kritisieren und befruchten. Ausgehend von einer existentiellen Betroffenheit bezüglich der Bibel ging er den Weg zu einer wissenschaftlichen Auslegung der Heiligen Schrift. Zunächst trug er den berühmten Text vom Seewandel Jesu in der ungewohnten Münchner Übersetzung vor. Darin konnten neue Aspekte der Wundererzählung wahrgenommen werden. Jesu Gang auf dem Wasser wird zum Beispiel wörtlich übertragen als „umhergehend auf dem Meer“. Auch die Angst von Petrus vor dem Sturm wird sehr deutlich.

Nöte wahrnehmen

Es folgte ein sehr persönliches Zeugnis Küglers zu dieser Bibelstelle aus seiner Kaplanszeit in Erlangen in den Jahren 1988-1992. Seine Pfarrkirche stand inmitten von Hochhäusern, die allesamt zum Uniklinikum gehörten, und er hatte jede Woche eine Nacht Notdienst an den Krankenbetten. Als Kaplan besuchte er regelmäßig eine krebskranke Frau, die eigentlich mit dem Leben abgeschlossen hatte, während ihr Mann nach der Devise „Wer genügend glaubt, kann auch über das Wasser gehen“ immer noch an eine Heilung glaubte. Als die Frau starb, schwenkte ihr Mann um und sah das „Über-das-Wasser-Gehen“ als Zeichen dafür, dass seine Frau nun bei Gott sei. Kügler konnte den plötzlichen Schwenk ohne sichtliche Trauer und die Deutung des Motivs vom Übers-Wasser-Gehen für das fürchterliche Sterben der Frau dieses sehr gläubigen Mannes nicht nachvollziehen. Vor dem Hintergrund dieser Geschichte betonte Kügler, dass die Wahrnehmung der Nöte der anderen bedingt sei durch die eigene Angstfreiheit.

Mut zum Scheitern

In einer Gruppenphase stellten sich die Teilnehmer/innen der Frage, ob und wann ihnen die Bibelstelle vom Seewandel Jesu in ihrer Seelsorge, ihrer Verkündigung und ihrem persönlichem Leben wichtig geworden war. Anschließend konnte man seine Gedanken auf eine digitale Pinnwand schreiben. Diese Wortbeiträge reichten von „Vertrautheit mit Jesus“ bis „Mut zum Scheitern“.

Bekenntnis der Jünger

Professor Kügler arbeitete zum Schluss heraus, dass die Frage danach, was wirklich geschehen ist, in der heutigen Bibelwissenschaft zurücktritt zugunsten der Frage „Was bedeutet dieser Text für uns?“ Nicht die Frage nach der Tatsächlichkeit des Wunders ist entscheidend, sondern die Frage nach Ereignissen im Leben, die einem zum Bekenntnis der Jünger „Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn (Mt 14,33b)“ führen.

Der Sturm fordert den Glauben von Petrus. | Foto:  Emiliano Arano / Pexels.com
Prof. Dr. Joachim Kügler, Professor für neutestamentliche Wissenschaften, Universität Bamberg. | Foto: Kügler
Autor:

KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt

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