Pastoralamtsleiter Martin Fenkart im Rück- und Ausblick
Menschen zur Freude am Leben anstecken
Martin Fenkart spricht über den unberechenbaren Wellengang der vergangenen Monate, was daraus gelernt wurde und wo die Kirche 2021 hinsteuert - manchmal digital, hoffentlich immer öfter analog und stets im Gottvertrauen.
Die Fragen stellte Elisabeth Willi
Herr Pastoralamtsleiter, traditionellerweise ist dieses Interview zu Jahresbeginn ein Ausblick auf das neue Jahr. Da das vergangene Jahr jedoch ein solch außergewöhnliches war, lassen Sie uns an dieser Stelle zurückblicken. Zuerst persönlich: Wie geht es Ihnen nach diesen turbulenten, fordernden Monaten?
Martin Fenkart: Danke, es geht gut. Wenn ich zu lange über die Frage nachdenke, finde ich bestimmt einen Grund zu jammern (lach!). Apropos zurückblicken: Da denke ich gerne an das Bild der Rudermannschaft, die gemeinsam zurückblickend nach vorne jagt. Mindestens die Steuerperson sollte voraussehen, wohin die Reise geht. Die letzten Monate waren auch für mich turbulent und der Wellengang bleibt etwas unberechenbar. Pfarrer Kneipp - Spezialist für warm-kalt-Anwendungen - meinte einmal: „Glücklich der Mensch, der es versteht und sich bemüht, das Notwendige, Nützliche und Heilsame mehr und mehr sich anzueignen.“ 2021 brauchen wir Menschen, die unsere Boote in Richtung Notwendigkeit, Nützlichkeit und Heilsamkeit lenken können.
Wie schwer war das Corona-Jahr für die Kirche im Nachhinein gesehen wirklich? Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die die Diözesanleitung aus dieser Zeit gezogen hat?
Fenkart: Wir haben Vieles gemeinsam sehr gut gemeistert. Ich bin stolz auf unsere Mitarbeiter/innen und darauf, für die Katholische Kirche Vorarlberg arbeiten zu dürfen. Die Frage, wie schwer es war, ist am Ende nicht entscheidend. Eine nicht ganz neue Erkenntnis hat sich für mich persönlich verstärkt: Die Zukunft hängt in jeder Hinsicht von unserer Beziehungsfähigkeit ab. Das ist eine Frage unseres Willens. Wer zu lange auf die Initiative von anderen wartet und meint, es ginge ohne den eigenen ersten Schritt, bleibt wie ein Auto mit leerem Tank am Pannenstreifen liegen. Wir glauben an einen Gott, der Initiative ergreift. Einer der kommt, um mit uns zu sein und mit uns zu bleiben.
Gibt es Errungenschaften aus dieser Zeit? Oder anders gefragt: Was soll aus der Corona-Zeit in der Kirche bleiben?
Fenkart: Der Spruch „Da fehlt nur noch das Zelt, dann wäre der Zirkus komplett“ regte mich gelegentlich dazu an, bei allem Ernst der Lage rechtzeitig die „Relax-Taste“ zu drücken. Die Corona-Bilanz für die Kirche ist aus meiner Sicht recht ausgeglichen zwischen „super gemacht“ und „du kannst das besser“. Was sollten wir kultivieren? Verlässlichkeit, Sicherheit, Nächstenliebe, Teamgeist, kurze Wege, Gebet, rasche Entscheidungen, Mut zur Digitalisierung, Kreativität, Vielfalt, Liebe für die Menschen, Leidenschaft für neue Zielgruppen, Humor und vor allem Gottvertrauen.
Für 2021 zu planen, ist schwierig. Natürlich aber gibt es Schwerpunkte der Pastoral für das neue Jahr. Zum Beispiel werden die „Jahre der Bibel“, die 2020 gestartet sind, weitergeführt. Dabei soll Menschen die Möglichkeit geboten werden, mit der Bibel auf einfachem Weg in Kontakt zu kommen. Gerade in turbulenten Zeiten wie diesen ist die Bibel sicher ein guter Wegbegleiter…
Fenkart: Ja, und nicht nur dann lohnt es sich, die Heilige Schrift im Handgepäck zu haben. Die Bibel in ihrer Fülle, mit ihrer Weisheit, aber auch in ihrer Widersprüchlichkeit ist gewaltig. Das Wort Gottes ist für mich Begegnung mit Gott selbst. Der Boden, den die Bibel braucht, um mit ihrer Botschaft in mir anzukommen, ist die eigene Bereitschaft zur Stille.
Welche Veranstaltungen sind für die „Jahre der Bibel“ für heuer geplant? Werden einige davon auch online oder anderweitig „kontaktlos“ angeboten?
Fenkart: Es waren viele Veranstaltungen dazu geplant. Leider ist einiges bereits abgesagt, anderes noch unsicher. Im Februar gibt es ein ORF-Gewinnspiel rund um das Buch der Bücher. Ich hoffe, dass die Veranstaltung „Glaube, der unter die Haut geht“ zum Thema Bibel und Tattoo-Kultur stattfinden kann. Zur Bibel gibt es laufend Angebote unseres Bibelreferenten Pfr. Erich Baldauf, wie z. B. das Bibellabor oder die Emmaus-Bibelwerkstätten. Geplant ist auch ein Besinnungstag am 4. März mit dem Titel „Hab Vertrauen“.
Das THEO-Forum, das normalerweise im Februar stattfindet, wird heuer vermutlich nicht durchgeführt werden können. Was ist für das Jahr 2021 stattdessen für junge Menschen geplant?
Fenkart: Auch wenn das Wort „Lost“ - „verloren“ - zum Jugendwort des Jahres 2020 gekürt worden ist, habe ich nicht den Eindruck, dass Hopfen und Malz verloren wären. Im Gegenteil. Der Jungen Kirche, der Katholischen Jugend und Jungschar sowie der Berufungspastoral ist es gelungen, durch zahlreiche, teilweise bewährte und jetzt verstärkt digitale Formate in Kontakt und Beziehung mit jungen Menschen und Kindern zu sein. Die Palette reicht vom Hot-Spot-Talk mit Bischof Benno via Zoom zu verschiedenen Jugendgottesdiensten oder online Gruppenstunden. Das erste Halbjahr wird bestimmt digital und das zweite mit Lehrlingswallfahrt, Mini-Wochen oder einer Schulbesuchsaktion hoffentlich genial.
2021 soll das neue „Netzwerk Welthaus“ im WirkRaum in Dornbirn aufgebaut werden. Was ist das „Netzwerk Welthaus“?
Fenkart: Das Netzwerk wird ein Zusammenschluss aller in Vorarlberg aktiven katholischen Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit sein (Caritas Auslandshilfe, Dreikönigsaktion, Bruder und Schwester in Not, usw. - um nur einige zu nennen). Gemeinsam werden die Organisationen künftig in drei Kernbereichen intensiv zusammenarbeiten: in der lernenden Auslandsarbeit z. B. in Projekt-Begleitung und -Planung, in der gemeinsamen Bildungsarbeit und Anwaltschaft und schließlich im Einsatz für die gemeinsame Schöpfungsverantwortung.
Gibt es Planungen für neue Pfarrverbände im Jahr 2021?
Fenkart: Es heißt bekanntlich, dass man über ungelegte Eier besser nicht gackert. Die Personalkommission trifft sich frühestens Ende Jänner. Im Februar laufen Gespräche in Pfarren. Im März sind einige Dinge hoffentlich klarer.
Im Jahr 2022 finden Pfarrgemeinderats-Wahlen statt. Was wird 2021 diesbezüglich gemacht? Wie kann die Wahlbeteiligung erhöht werden?
Fenkart: Dazu möchte ich vor allem eines sagen: Ein riesengroßes DANKE an unsere über tausend Pfarrgemeinderät/innen und hunderte Pfarrkirchenrät/innen und an die tausenden ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Pfarren. Ja, wir beginnen bereits im Frühsommer mit den Wahlvorbereitungen. Entscheidend ist letztlich vor allem das richtige Team am Start.
Apropos Pfarrgemeinderat, der ja aus ehrenamtlichen Mitarbeitenden besteht: Was wird für die Ehrenamtlichen im neuen Jahr angeboten?
Fenkart: Eine interessante Befragung der Pfarrcaritas unter freiwilligen Helfer/innen hat gezeigt, dass sich der überwiegende Teil der Freiwilligen (nämlich 70 Prozent der Befragten) lediglich eines erhofft als Antwort auf ihr Engagement: das schlichte Danke! Knapp 20 Prozent freuen sich über die Fortbildungsangebote unserer Bildungseinrichtungen. Sobald es Corona zulässt, wird es davon in den unterschiedlichen Bereichen wieder zahlreiche Angebote geben.
Im vergangenen Jahr hat die Katholische Kirche Vorarlberg sehr erfolgreich die Sommerkirche gestartet. Werden wir im Jahr 2021 auch eine Sommerkirche erleben?
Fenkart: Ja. Lassen Sie sich überraschen. Und noch besser, wenn Sie eine Idee haben, melden Sie sich jetzt schon unter sommerkirche@kath-kirche-vorarlberg.at
Wenn Sie an das neue Jahr drei Wünsche stellen dürften - welche wären das?
Fenkart: Da fällt mir der gute König Salomo ein. Der hatte nur einen Wunsch frei. Er bat aber um zwei in einem Wunsch: um Weisheit und um ein gehorsames Herz. Und Gott, der die Herzen kennt, gab zwei für einen. Zumindest für ein Weilchen. Weil nach Weihnachten der Fasching kommt, wünsche ich uns, dass wir unter all den Masken viele Menschen zur Freude am Leben anstecken.
(Aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 1 vom 7. Jänner 2021)
Autor:KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt |
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