Wie Lesen dabei helfen kann, die Krisen eines (Kinder)Lebens gemeinsam zu meistern
Glück, das man erlesen kann

(Vor)Lesen schafft Beziehung - und das kann stützen und unterstützen, wenn große und kleine Welten zusammenbrechen.  | Foto: KKV / Veronika Fehle
  • (Vor)Lesen schafft Beziehung - und das kann stützen und unterstützen, wenn große und kleine Welten zusammenbrechen.
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Beim Stichwort „Jahrestagung der Bibliothekarinnen und Bibliothekare“ denkt man vielleicht nicht sofort an Glücks-Rezepte. Genau die gab es aber an diesem glücklich machenden Tag in Hittisau.

Veronika Fehle

In Vorarlberg gibt es - so Pi mal Daumen - rund 100 Bibliotheken. Beim Großteil davon sind die Pfarren mit im Spiel. Knapp 70% der öffentlichen Bibliotheken befinden sich in pfarrlicher Trägerschaft bzw. Teilträgerschaft. Warum? Weil es früher sehr, sehr oft die Pfarrhäuser waren, in denen Bücher ihren Platz fanden. So oft, dass die heutigen Bibliotheken nicht selten aus Pfarrbliotheken entstanden sind. So viel zur Geschichte.

Ein Plus für die Bibliotheken

Die Gegenwart gab erst kürzlich mit der Bibliothekentagung, die heuer in Hittisau stattfand, ein deutliches Lebenszeichen von sich. Veranstaltet vom Vorarlberger Bibliotheksverband in Kooperation mit der Bibliotheken Fachstelle der Katholischen Kirche Vorarlberg, der Landesbüchereistelle und dem Frauenmuseum in Hittisau, galt es zunächst zu berichten, dass die Ausleihen im vergangenen Jahr stark angewachsen waren. 113.694 Entlehnungen waren es auf das Jahr verteilt allein bei den Online-Medien. Und nimmt man analog wie digital in den Blick, dann sind wir bei rund 2,6 Millionen Entlehnung in den Vorarlberger Bibliotheken.
Natürlich war Corona hier ein nicht unwesentlicher Faktor. Und damit war man dann auch schon beim Tagungsthema, den Glücks-Rezepten, angelangt. Lesen macht nämlich glücklich beziehungsweise Lesen kann dabei helfen, besser durch Krisensituationen (wie eben auch Corona) zu kommen. Der Psychologe Martin Schmid von der oberösterreichischen Krisenhilfe erklärte in seinem Vortrag auch, warum das so ist.

Frag doch den Rabbi

Zunächst einmal sei es so, dass das Erzählen als Mittel der Beratung auf eine lange Tradition verweisen kann: „Die Bibel ist voll von Geschichten und man kennt auch die Erzählungen, in denen Menschen sich in Krisensituationen an einen Rabbi wenden und der ihnen dann mit einer Geschichte antwortet“, erzählt da Schmid. Warum ist das so? Vielleicht, weil Geschichten keine Ratschläge sind, weil jede und jeder für sich heraushören und herauslesen kann, was er oder sie will. Und vielleicht eben auch, weil eine Geschichte eigentlich immer greifbar ist. Das stützt, besonders in Krisensituationen. Lesen - und ganz besonders das gemeinsame Lesen und Vorlesen - wird so für Kinder und Eltern zu einem wichtigen Mittel der Krisenbewältigung. Nicht nur bei Corona, sondern auch bei den ganz alltäglichen Krisen eines Kinderlebens - von der Angst vor dem Nachbarshund bis zum Bauchweh von zu viel Lieblingsessen. Sehr oft werden Fragen auch beim gemeinsamen Lesen beantwortet, erklärt Martin Schmid und verdeutlicht das Gesagte anhand ausgewählter Buchtipps.

Glück auf Rezept

Das Zauberwort aber lautet Beziehung. Beziehung schaffen, Beziehung stützen. An diesen Gedanken knüpfen dann auch die Projekte an, die Reinhard Ehgartner vom österreichischen Bibliothekswerk exemplarisch vor den Vorhang holte. So wie das Projekt „Lesen ist Wau“, das Kinder, die das Lesen verweigern, in Bibliotheken mit Therapiehunden zusammenbringt. Gebeten, ihren felligen Bibliotheksfreunden doch etwas vorzulesen, greifen die allermeisten Kinder tatsächlich zum Buch. Warum? Weil da jemand - und sei es „nur“ ein Hund - einfach nur zuhört, ohne Rotstift, ohne Erwartungshaltung, ohne Druck.

Ein ganz besonderes Projekt soll hier auch nicht unter den Tisch fallen: Silvia Freudenthaler, Leiterin der Bibliotheken Fachstelle der Katholischen Kirche Vorarlberg, hat es aus Wolfenbüttel mit nach Vorarlberg gebracht, adaptiert und ausgebaut: Die Lese-Rezepte. Die Idee ist folgende: Es gibt kleine Rezept-Blöcke. Auf ihnen „verschreibt“ Dr. Mio Maus zum Beispiel eine Gutenachtgeschichte, einen Spieleabend oder eben einen Besuch in der Bibliothek. Dort wird dem Eltern-Kind-Gespann dann ein Buch empfohlen. Übrigens, Lesen ist völlig nebenwirkungsfrei. Es macht nur glücklich!

Buchtipps für (Kindheits)Krisen finden Sie unter: www.kath-kirche-vorarlberg.at/bibliotheken

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 38 vom 23. September 2021)

Autor:

KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt

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