Wie ein glückliches Leben gelingen kann
Du willst glücklich sein? Dann sei es!
Einfach einmal „fünfe gerade sein lassen“, das kann glücklich machen, so die Theologin und Philosophin DDr. Katharina Ceming. Und wie das mit dem Glück und dem gelingenden Leben weitergehen kann, davon erzählte sie beim St. Arbogaster „Feierabend“.
Veronika Fehle
Nehmen wir einmal an, wir wären in einer Buchhandlung. Da findet man Romane, Kinderbücher, Historisches, die Krimiecke und die Ratgeber und Lebenshilfen. Die Abteilung ist meistens gar nicht einmal so klein und man findet praktisch zu jeder Lebens- und Gemütslage mindestens ein Buch, das hier Hilfe oder Abhilfe verspricht. Das Thema „Glück“ ist derzeit einer der ganz großen „Player“ in diesem Stück. „Vor ein, zwei Generationen war ,Wie werde ich glücklich?‘ für viele nicht die zentrale Frage ihres Lebens. Denken Sie nur an ihre Großeltern oder Urgroßeltern. Da hat sich etwas verändert. Wir haben heute mehr Gestaltungsfreiheit in unserem Leben. Und wenn ich mein Leben schon selbständig gestalten kann, dann möchte man doch auch, dass die Bilanz positiv ausfällt“, sagte Katharina Ceming und schon ist man mit ihr eingetaucht in die Frage nach dem Glück an sich und wie man es erreichen könnte. Eines sei dabei gleich vorneweg festgestellt. Die vielen Redensarten, die in allen möglichen Varianten davon wissen, dass man sein Glück eher nicht erreicht, wenn man verkrampft danach strebt, haben nicht ganz unrecht. Das zeigten auch, betont Ceming, die Erkenntnisse der psychologischen Glücksforschung.
Was man tun kann, um glücklich zu sein
Ja gut, aber wie wird man denn glücklich? Da könne man schon etwas tun, meint Katharina Ceming. Das fange zum Beispiel damit an, dass man sich der verschiedenen Bedeutungen des Begriffs „Glück“ bewusst werde. „Glück, glücklich sein und Glück haben, das ist ein Unterschied. Im Englischen wird der Unterschied zwischen ,be happy‘ und ,be lucky‘ schon rein sprachlich sichtbar“, so Ceming. Und eigentlich geht es ja auch nicht darum, Glück zu haben, sondern ein glückliches Leben zu führen, glücklich im Sinne von „zufrieden“. Damit ist man dann aus der Gegenwart direkt beim Philosophieren mit den alten Griechen gelandet. „Die Philosophie der Antike hat sich stark mit dem gelingenden, dem glücklichen Leben beschäftigt. Es geht dabei im weitesten Sinne um die Faktoren, die dazu führen, ein zufriedenes Leben führen zu können.“
Zwei Formen des Glücks
In der Antike dominierten zwei grundsätzliche Ausprägungen des Glücks die Diskussion, das hedonistische und das eudaimonistische Glückserleben. Während beim Hedonistischen das Lusthafte im Vordergrund steht, ist es das Eudaimonistische, das das Lebensglück als eine Lebenshaltung betrachtet. Das ist der Punkt, an dem der Mensch aktiv werden kann in der Steigerung seines Grundwasserspiegels an Glück. „Das Entscheidende ist nämlich, dass wir auf unsere Lebenshaltung einwirken können“, erklärt Katharina Ceming und nennt mit der Lebensfreude, der Selbstverwirklichung und der Sinndimension das Kind auch gleich beim Namen. Die Lebensfreude, sprich die kleinen, hedonistischen Glücksmomente gehören da genauso dazu, wie der Wunsch eines Menschen, sich in seinen Potentialen und Fähigkeiten ausleben zu können. „Und dann ist es ungemein wichtig, positive Beziehungen zu führen. Natürlich kann man nicht immer alle negativen Beziehungen einfach kappen. Aber man muss positive Beziehungen bewusst pflegen“, so Ceming. Oder, anders formuliert: „Es ist wichtig, ein paar gute Beziehungen zu führen, Menschen zu haben, bei denen man nicht repräsentieren muss, bei denen man sein kann.“
Immer diese „Frohnaturen“
Ja, es gibt sie wirklich: Menschen, die eigentlich immer gut gelaunt sind. „Frohnaturen“ könnte man sie nennen. Ihr Pendant wären vielleicht die Miesepetrigen. Wobei der Vergleich eher hinkt. Menschen sind verschieden und so verschieden sind auch ihre Stimmungslagen. Stimmt, sagt Katharina Ceming. Denn es gebe tatsächlich so etwas wie ein Grundlevel an Glück, mit dem ein Mensch geboren wird. „Auf diesem je eigenen Glückslevel spielen sich dann die positiven und negativen Momente und Erlebnisse ab. Positive Erlebnisse sind Ausschläge nach oben, negative nach unten. Sowohl nach positiven Erfahrungen als auch nach schweren Schicksalsschlägen pendelt sich dieses Glückslevel nach und nach wieder auf sein Grundniveau ein“, verkürzt und vereinfacht Ceming hier ein feingliedriges System, um es verständlich zu machen. Und natürlich bedeute das nicht, dass ein eher introvertierter Mensch grundsätzlich weniger glücklich werden könne, als jemand, der mit der Nase im Wind durch die Welt spaziert.
Geld und Glück
Geld macht nicht glücklich. Im Grunde stimmt das ja. Ein finanzielles Polster allerdings, so Katharina Ceming, trage laut Studien auch zu einer gewissen Lebensqualität bei. Umgekehrt zeigten Studien aber auch, dass „sehr, sehr reiche Menschen, die mit ihrem Geld etwas ,Sinnvolles‘ getan haben, in der Regel glücklicher waren als reiche Menschen, die das nicht taten“. Da mischt sich also auch wieder die Sinndimension mit ins Spiel. „Für unser Sinnerleben ist das Engagement für andere oder auch für einen höheren Wert sehr wichtig.“ Es sei, so Ceming weiter, auch wichtig, dass man einer Arbeit nachgehe, die man gerne macht. „Das heißt nicht, dass man nur mit dem absoluten Traumjob glücklich sein kann. Aber man sollte seine Arbeit gerne tun und nicht mit Bauchschmerzen zur Arbeit fahren.“
Einen Gang rausnehmen
Neben einigen anderen klugen Köpfen der griechischen Antike, stellte Katharina Ceming abschließend auch Aristoteles ins Schaufenster. Glück sei, so Aristoteles, das einzige, das wir um seiner selbst willen erstreben. Dann unterscheide er grundsätzlich drei Formen von Glück: das genussorientierte Leben - der Mensch genießt und das reicht sehr vielen schon völlig; der aktiv tätige Mensch, der sich in der Gesellschaft engagiert; und die theoretische Lebensform - als die Lebensform, die die Götter pflegen. Der Mensch kann an dieser Lebensform Anteil nehmen, in Form des philosophischen Nachdenkens. „Bei Aristoteles kommt der Aspekt der Muße hinzu. Muße im Sinne von Zeit haben. Heute herrscht ja oft die Vorstellung vor, es gehe darum, möglichst viel in eine Zeiteinheit hineinzupressen. Das kann hin und wieder auch befriedigen, auf Dauer aber erzeugt das Stress.“
Das Gemeinschaftliche gehört dann bei Aristoteles ebenso zum Erreichen des Zufriedenheitslevels dazu wie die Muße. Also nicht „Ellenbogen raus, ich mir meins“. Oder in der Ceming’schen Kurzfassung: „Wir sind nicht nur Individuen, sondern auch Gemeinschaftswesen.“
Glück und Vernunft
Die Vernunft ist nicht der schlechteste Begleiter des Glücks. Warum? Dazu „befragte“ Katharina Ceming Denker wie Epiktet. Bei ihm liege der Schlüssel zum Glück auch in der Vernunft und mit ihr im Erkennen, worauf wir im Leben überhaupt Einfluss haben. „Das heißt, wenn wir dauernd unsere Energie in etwas hineinstecken, das keine Aussicht auf Einflussnahme hat, wird das nicht zur Steigerung unserer Lebenszufriedenheit beitragen“, führt Ceming die Gedankenfäden zusammen. Epiktet rät deshalb zum Perspektivenwechsel. Sprich: Zurücktreten und sich die Sache noch einmal anschauen. Das könne helfen, die Abzweigung zum Glück zu finden.
Das zufriedene, glückliche Leben ist kein egozentrisches, sondern eines, das sich (auch) für andere engagiert. Das Mischungsverhältnis macht die Glücksformel aus. Die müsse man dann allerdings doch auch „einüben“. Viel Spaß also beim Üben!
(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 15 vom 15. April 2021)
Autor:KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt |
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