Hospiz- und Palliativtag
Das Spürbare ist das Wichtige
Der 17. Vorarlberger Hospiz- und Palliativtag stand unter dem Motto „Palliative Care: Zwischen Ökonomie und Menschlichkeit“. Rund 600 Tagungsteilnehmer/innen aus dem Bodenseeraum bekamen im Kulturhaus in Dornbirn vergangenen Samstag Impulse für die tägliche Arbeit mit Kranken, Schwerkranken und Sterbenden.
WOLFGANG ÖLZ
Den Hauptvortrag hielt Giovanni Maio aus Freiburg zum Thema „Warum Haltung oft wichtiger ist als Handlung.“ Der Arzt und Philosoph Maio berät unter anderem die Deutsche Bischofskonferenz in Fragen der Ethik. Er vertritt den Ansatz: Die Haltung eines Pflegenden kann verhindern, dass eine Handlung nicht nur einen reinen Zweck erfüllt, sondern auch so etwas wie echte Sorge um den Patienten/ die Patientin ausdrückt.
Es geht um die Sorge.
Es gehe in der Palliativ Care darum, die Sorge des kranken Menschen zu verstehen, ja, seine Sorge - mit der nötigen professionellen Distanz - zum eigenen Anliegen zu machen. Zentral sei nicht, nur an einem Körper zu hantieren, sondern auf das Bewusstsein des bedürftigen Menschen einzugehen. Dem kranken Menschen zu zeigen, du musst nicht leistungsfähig sein, um Bedeutung zu haben, das ist Medizin. Giovanni Maio fordert: Die Geduld als Störfaktor solle gegenüber der grassierenden Stromlinienförmigkeit und Mentalität des schnellen Durchschleusens wirken. Es komme in der Medizin gegenwärtig zu einer Umwertung der Werte, alles soll so schnell, reibungslos, effizient, einfach, nachweisbar, messbar, sichtbar und darstellbar wie möglich gemacht werden. Dagegen betont der Vortragende: Das Nicht- Darstellbare, das Nicht-Beweisbare, das lediglich Spürbare wäre eigentlich das Wichtige.
Bitte weniger Wettbewerb.
Die Frage eines weiteren Referates lautete: „Führt mehr Wettbewerb zu einem besseren Gesundheitswesen?“ Der Redner Mathias Binswanger von der Universität St. Gallen würde diese Frage mit einem glatten „Nein“ beantworten. Der Experte für Volkswirtschaft meint, dass Wettbewerb sinnlos ist, wenn er in marktfernen Bereichen etabliert wird. Im Gesundheitswesen führe die kapitalistische Logik etwa dazu, neue Krankheiten zu entdecken, deren Prävention finanziell abgegolten wird.
Im Frieden sterben können.
Otto Gehmacher, der leitende Oberarzt der Palliativstation in Hohenems, betonte in seinen Ausführungen unter dem Titel „Was kostet Hoffnung?“, dass Palliativ Care trotz Betreuungsintensität vergleichsweise kostensparend arbeitet, vornehmlich durch Vermeidung sinnloser Diagnostik und Therapien. Hoffnung sei eine Eigenschaft, die sich am ehesten mit Haltung, Empathie, Erfahrung, Kommunikation oder Kreativität beschreiben lässt. Hoffnung am Lebensende könne auch die Aussicht auf ein friedliches Sterben bedeuten.
Palliativ Care
Die Palliativ Care ist in Vorarlberg vor allem in der Palliativstation in Hohenems und im Hospiz am See zuhause. Aber auch Pflegekräfte in der Allgemeinmedizin, Ärzt/innen, Krankenhausseelsorger/ innen, Hauskrankenpfleger/innen und viele Ehrenamtliche in der Hospiz begleiten Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt. Die Palliativ Care ist eine Richtung in der Medizin und Pflege, die den Patienten in den Mittelpunkt stellt und sich um die Linderung von Schmerzsymptomen kümmert. Der Schmerz hat dabei laut der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO vier Dimensionen: körperlich, seelisch (d.h. die Angst vor dem Tod), spirituell (d.h. die Frage nach Transzendenz, Schuld und Vergebung) sowie sozialer Schmerz. Der Veranstalter des jährlichen Palliativtages ist das Bildungshaus Batschuns in Zusammenarbeit mit der Palliativstation am Landeskrankenhaus Hohenems, dem Landesverband der Heim- und Pflegeleitung, der Österreichischen Krebshilfe Vorarlberg, der Ärztekammer Vorarlberg und Hospiz Vorarlberg.
Autor:KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.