Das Gemeinsame betonen
Dr. Hans Rapp wird mit 1. Februar für die Katholische Kirche Vorarlberg im Bereich interreligiöser Dialog zuständig werden.
Der Dialog zwischen den verschiedenen Glaubensbekenntnissen war nicht immer einfach – ein flüchtiger Blick in die Geschichtsbücher oder in eine Zeitung kann das bezeugen. Wieso der Dialog aber sehr wichtig ist, was es dabei zu beachten gilt und was daraus Schönes entstehen kann, sagt Dr. Hans Rapp im Interview.
Wie kam es dazu, dass Sie der neue Ansprechpartner für interreligiösen Dialog werden?
Hans Rapp: Im Grunde genommen ist der interreligiöse Dialog seit meinem Studium der markante Teil meines Bildungsprofils. Ich habe u.a. in Jerusalem Theologie und Judaistik studiert, wo auch der Islam ein Teil des Curriculums war. Ich bin mit dem Hinduismus in Kontakt gewesen als ich ein Sabbatical in Indien verbracht hatte. Als Theologe hat mich die Thematik zudem immer schon interessiert, weshalb ich daraus einen meiner Schwerpunkte aufbaute. Mit meinem beruflichen Wechsel – ich werde mit 1. Februar auch der Leiter des Teams Entwicklung in der Katholischen Kirche Vorarlberg – konnte ich mir nun einen großen Wunsch erfüllen und mich auch auf die Stelle interreligiöser Dialog bewerben.
Welche Aufgaben kommen da auf Sie zu?
Rapp: Anfangs werde ich sicher viele Kontakte schließen und pflegen – zum Beispiel in der Form von Antrittsbesuchen. Die Stelle „interreligiöser Dialog“ ist in erster Linie eine Kontaktstelle. Hier wird zwischen den Religionsgemeinschaften persönliches Vertrauen geschaffen. Des Weiteren werde ich auch Ansprechpartner und Know-How-Stelle sein. Es ist für Bischof Benno ein wichtiges Anliegen, dass ein gutes Verhältnis zwischen den Religionsgemeinschaften herrscht und zu einem guten Verhältnis zählt auch, dass man zu gewissen Festen gratuliert und beglückwünscht. Das macht dann natürlich der Bischof persönlich, die Dialogstelle hat die Festlichkeiten aber im Blick. Auch die Organisation und Moderation der Plattform für den Frieden, die 2015 von Bischof Benno etabliert wurde, fällt in mein Aufgabenfeld. Die Plattform wurde ins Leben gerufen, damit die Vorarlberger Religionsgemeinschaften gemeinsam auftreten können. Aus der Plattform sind dann auch die gemeinsamen Friedensgebete erwachsen.
Das sind viele Aufgaben für eine Person.
Rapp: Zu diesem Zweck hat noch meine Vorgängerin, Aglaia Poscher-Mika einen Beirat gegründet. In diesem sitzen namhafte Fachleute, die mich mit ihrem Know-How unterstützen und auch neue Themen erschließen.
Welche Religionen sind dabei?
Rapp: In der Plattform für den Frieden sind zum Beispiel die staatlich anerkannten Religionen dabei - also Muslime, Buddhisten, Bahai und die christlichen Gemeinschaften. Die Hindu wären da auch mitgedacht, diese haben in Vorarlberg aber soweit ich weiß keine Vertreter.
Wo haben die Konfessionslosen ihren Platz?
Rapp: Das wäre eine umfangreiche Fragestellung für ein eigenes Interview. Sie haben ja keine Repräsentanten, sie sind ja nicht organisiert. Meine Aufgabe ist es, die Gruppen im Auge zu behalten und bei Veranstaltungen bzw. Gebeten mitzudenken. Wenn es zum Beispiel ein Gedenken für die Coronaopfer gibt, ist für mich die Frage im Raum: Wo haben nichtreligiösen Menschen ihren Platz? Wer repräsentiert sie? Ich sehe es als meine Aufgabe, diese Frage wachzuhalten.
Wieso braucht es interreligiösen Dialog hier in Vorarlberg?
Rapp: Religionen wurden und werden oft politisch vereinnahmt. Das ist gefährlich. So können Konflikte verschärft werden und zu extremer Gewalt führen. Es ist ein ganz wichtiges gesellschaftliches Signal, dass die Religionsgemeinschaften sich nicht auseinanderdividieren lassen. Eine produktive Beziehung zu bilden, das ist meines Erachtens das wichtigste - und das gehört einfach auch zur Verantwortung der katholischen Kirche als der größten Glaubensgemeinschaft in Vorarlberg. Wir haben von der katholischen Kirche auch seit dem 2. Vatikan einen produktiven Zugang zu andere Religionen - man kann voneinander lernen. Hierzu braucht es ein Forum, wo man darüber reden kann.
Welche Linien ihrer Vorgängerin, Aglaia Poscher-Mika, wollen Sie fortführen? Wo müssen neue Akzente gesetzt werden?
Rapp: Grundsätzlich kann ich nirgends sagen, dass ich das nicht weiterführen werde. In erster Linie geht es mir jetzt aber um das gegenseitige Kennenlernen. Ich möchte gerne auch alles machen, was damit zusammenhängt und ich möchte wirklich auch an die Basis kommen. Früher war es schon ein ziemlich virulentes Thema, über die muslimische Gemeinschaft zu reden. Auch heute noch stehen nach Veranstaltungen teilweise wilde Leserbriefe in der Zeitung. Und je konservativer man ist, desto eher sagt man „das geht nicht“. Die Angst ist relativ groß und es geht laufend darum, den Menschen diese Angst vom Anderen zu nehmen. Interessanterweise kann man sagen, dass sich z.B. die Muslime gar nicht so schwer tun mit den gläubigen Christen. Sie tun sich sogar wesentlich leichter mit religiösen Menschen als mit nicht-religiösen Menschen. Das hat auch theologische Gründe. Für den Koran sind Christen und Juden Religionen des Buches. Das waren quasi keine Ungläubigen. Sie haben im muslimischen Staatsgebilde ihren Platz - sie müssen zwar Steuern zahlen, können ihre Religion aber ungehindert ausüben. Das ist für Christen früher anders. Bei ihnen waren Muslime Ungläubige.
Was bedeutet das konkret für den interreligiösen Dialog in Vorarlberg? Sind Maßnahmen/Veranstaltungen geplant?
Rapp: Formate gibt es bereits einige sehr erfolgreiche, zum Beispiel Christen und Muslime im Gespräch oder die Angebote des Bildungshauses Batschuns. Langfristig fände ich es schön, wenn man parallel zu den Kirchenführern auch Moscheenführer etablieren könnte. Sakralräume vermitteln ganz viel Glaubenssubstanz . Was auch noch wichtig ist: Es gibt schon ganz viele engagierte Menschen in allen Religionsgemeinschaften. Wenn man diese Menschen zusammen bringen könnte um das Gemeinsame der Religionen zu betonen… Sich für die Erhaltung der Schöpfung, Gerechtigkeit und für Frieden einzusetzen ist ja im Kern jeder Religion. Das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen und nicht das Trennende. In einer säkularen und einer sich weiter säkularisierenden Gesellschaft haben religiöse Menschen gemeinsame Anliegen, für die wir auch gemeinsam eintreten sollten.
(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 4 vom 28. Jänner 2021)
Autor:KirchenBlatt Redaktion aus Vorarlberg | KirchenBlatt |
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