Widerständigkeit und Fürsorge: künstlerisch sichtbar gemacht
Am Freitag, 15. Oktober war es so weit: Der neue Gedenkort für den Priester und NS-Märtyrer Johann Gruber wurde präsentiert und gesegnet. Zum Abschluss gab es auch eine „Gruber“-Suppe: ein Teil des künstlerischen Gesamtkonzepts an der pädagogische Hochschule der Diözese Linz.
Johann Gruber war eine beeindruckende und vielschichtige Persönlichkeit. Sein Einsatz für andere ist bis heute wegweisend. Unfassbar sind Stationen und Details aus seinem Leben: als er etwa im KZ Gusen unter Lebensgefahr seine Mithäftlinge mit Essen versorgte oder sich dort um die Betreuung von Kindern und Jugendlichen kümmerte. Auffallend ist, dass er sich immer wieder Systemen widersetzte und sie unterlief, wenn dies in seinen Augen erforderlich war. Unangepasstheit und kreativer Ungehorsam waren Teil seiner Wesenszüge. 1889 in Grieskirchen geboren, verlor er als Kind seine Eltern. Der damalige Pfarrer in Grieskirchen kümmerte sich um ihn und konnte ihn im Petrinum Linz unterbringen. Nach seiner Priesterweihe machte er in Wien die Lehrerausbildung und unterrichtete in Linz. „Johann Gruber war ein Mann der Tat, der selbst in der KZ-Hölle Gusen Wege fand, ein heilsames Wirken zu entfalten“, sagt Bischof Manfred Scheuer über Johann „Papa“ Gruber. „Ein Gedenkort an Opfer des Nationalsozialismus ist immer auch eine Mahnung vor Verrohung und einem Rückfall in Gewaltkulturen und Barbarei“, führte Bischof Manfred weiter aus.
Begreifen
Das Wirken Grubers ins Heute übersetzt und sichtbar gemacht, hat der Künstler Christian Kosmas Mayer. Mit seiner dreiteiligen, medienübergreifenden Installation griff er Leben und Wirken Grubers auf: Der Handlauf beim Stiegenaufgang ist mit einem Gedicht eines vor dem Hungertod bewahrten Häftlings für den „Retter“ Johann Gruber gestaltet und dieses in Brailleschrift übersetzt. Grubers Wirken als Leiter des Blindeninstituts mit reformpädagogischen Ideen lässt sich hier für alle ergreifen und erspüren. Oben angelangt überrascht eine Vitrine mit archäologischen Funden aus der Bronzezeit, die hier in Kopien ausgestellt sind. Die Originale lagern heute im Depot des naturhistorischen Museums. Die Funde erinnern an die Zeit der Ausgrabungen unter der Leitung von Johann Gruber als Museumkapo im KZ Gusen. Seine Stellung benützte er, um in den Ausgrabungsgegenständen Schmuggelware zu transportieren. Das ermöglichte ihm, Geld für die „Gruber“-Suppe zu lukrieren, die viele Häftlinge vor dem Hungertod bewahrte. Diese Suppe ist der dritte Teil der vielschichtigen Herangehensweise des Künstlers: Die Suppe soll als „soziale Intervention“ in das Hochschulleben integriert und als Ritual von einer Studierenden-Generation zur nächsten übergeben werden. „Johann Gruber hat sich dem menschenverachtenden System der Konzentrationslager entgegengestellt, indem er darauf mit den Mitteln der Nächstenliebe und Fürsorge antwortete“, sagt Mayer. Für den komplexen Lebenslauf des Priesters und Märtyrers hat Mayer eine adäquate Antwort gefunden, die künstlerisch auf der Höhe der Zeit ist. Die besten Künstler/innen zu bekommen, war auch das Ziel der Jury, die Mayer im Juni 2019 mit seiner Arbeit überzeugt hat, berichtete Martina Gelsinger vom Kunstreferat, die dieses Projekt federführend begleitet hat.
„DNA“
Im Anschluss an die Segnung des Gedenkorts wurde der Sammelband „Annäherung und Anstoß“ über Johann Gruber präsentiert. Er enthält 20 Beiträge, die sich der Person Grubers als Priester, Pädagoge und NS-Widerständler annähern. Dass Gruber immer mehr zur „DNA“ der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz werde, hofft Mitherausgeber Thomas Schlager-Weidinger bei der Präsentation des Werks.
Autor:KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung |
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