Gespräch mit dem Kabarettisten Josef Hader
„Probieren Sie’s, treten Sie wieder ein!“
Siebzehn Jahre machte er Pause auf der Kabarettbühne, jetzt ist er wieder da: Josef Hader. Reichtum, Konsumverzicht und Einsamkeit sind Themen, die er auf der Bühne abhandelt. Kirche ist Teil seiner Biografie – und seines Programms: "Probiern Sie´s, treten Sie wieder ein", sagt die Bühnenfigur Hader lachend zu seinem Publikum.
Der Kabarettist Josef Hader wuchs auf einem Bauernhof in Nöchling auf, ging in Melk in das Stiftsgymnasium. „Gestern habe ich vor meinen alten Lehrern in Melk gespielt, ich glaub, sie haben es ganz gut ausgehalten“, sagt Josef Hader im Gespräch mit der KirchenZeitung und lächelt. Trotz all der Grauslichkeiten, die die Welt zu bieten hat, ist ihm das Lachen nicht vergangen. Auf der Bühne hat er sich in seinem neuen Programm „Hader on Ice“ entschieden, die Grauslichkeiten und Absurditäten der Welt auf die Spitze zu treiben. „Die Grundfrage ist immer, ob man eine moralische Haltung auf der Bühne einnimmt oder ob man versucht, die Furchtbarkeit der Zeit in sich selbst zu konzentrieren, sodass den Leuten graust. Für mich ist die zweite Methode besser. Mit einer Haltung, bei der man genau aufrechnet, wer was falsch macht, ist man heutzutage verloren und vollkommen in der Defensive.“ Die Grundidee des Programms „Hader on Ice“ ist am Höhepunkt der Ära Trump geboren worden, erzählt Hader: „Trump ist ein Synonym für die ganzen Irrationalitäten und Verrücktheiten, die unsere Zeit hat. Da war meine Überlegung, dass ich das 1:1 auf die Bühne bringen möchte.“ Hader hält dem Publikum den Spiegel vor. Das ist unterhaltsam, lustig und ernüchternd. Oft bleibt einem das Lachen im Hals stecken, etwa wenn Hader auf der Bühne sagt: „Wir leben ja fast wie im Mittelalter. Es gibt wieder Boten, Seuchen und Enthauptungen. Der Scheiterhaufen ist derzeit nur eine Mehlspeise!“ Hader spielt einen Mann, der zurückgezogen, im Wohlstand, vereinsamt und in Angst vor der Welt um sich selber kreist. „Eine Ziege für Afrika? Also bitte, die sollen mehr Gemüse essen!“, fordert die Bühnenfigur Hader.
Caritas und Kirche
Auf die Frage, ob Kirche heute noch relevant ist, meint er: „Ich glaube, dass es der Kirche leichter fallen würde, mutig die Stimme zu erheben, wenn sie in allen Bereichen gleich glaubwürdig wäre wie in der sozialen Frage und der Frage der Flüchtlinge. Wenn sie bei Themen, bei denen Menschen benachteiligt werden, zum Beispiel bei den Frauen, wenn sie da genauso glaubwürdig wäre, da würde man ihr mehr abnehmen.“ Innen- und Außensicht von Kirche würden oft aufeinanderprallen: „Wenn man heute im städtischen Milieu sagt, man ist noch Mitglied der Kirche, dann schauen sie einen so an, als würde man sagen, man ist noch Mitglied der kommunistischen Partei“, erzählt Hader. Im Programm „Hader on Ice“ geht es einmal auch um Kirche und Konsumverzicht: „Ich bin reich und katholisch. A super Kombination. (...) In der katholischen Kirche verzichten wir so gern, verzichten ist so geil! Probiern Sie’s, treten Sie wieder ein!“ Persönlich glaubt er, dass die Kirche die Chance auf den Aufbruch, wie er nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil auch in seiner Schule im Stift Melk zu spüren war, verpasst hat. Die Bindung bleibe: „Dort, wo der jugendliche Idealismus hineingeflossen ist, da wird man immer eine Beziehung dazu haben, das wird einen nie loslassen.“ Das gelte für die Anhänger der kommunistischen Partei genauso wie für die der Kirche.
Themawechsel Politik
Politik und Satire liegen heute sehr nah beieinander. Wenn ein Politiker betonen muss, er sei kein Satireprojekt, fragt man sich, wer hier noch ernstgenommen werden kann. Fürchtet da ein Kabarettist gar um seinen Arbeitsplatz? – „Um den Arbeitsplatz fürchte ich nicht, denn ich habe eine ganz andere Form und ein anderes Publikum. Aber im Ernst: Man hat den Eindruck, dass die Grenze dessen, für wie blöd man die Leute halten kann, sich verschoben hat. Die Unverfrorenheit, mit der man schaut, was reingeht, ist groß. Das ist eine Entwicklung, die betrifft Medien, Fernsehprogramme und auch die Politik. Der Rahmen, wie seriös man Politik machen kann, müsste wieder ein bisschen enger werden.“
Corona und Angst
Die Coronakrise hat so manche gesellschaftliche Entwicklungen verschärft. Berechtigte Bedürfnisse nach Autonomie und Freiheit werden mit Kritik an den Maßnahmen der Regierung vermischt. Wie schätzt Josef Hader die Lage ein? Hader sagt dazu: „Ich bin selber ein bisschen ratlos, weil ich das genauso erlebe, dass auch bei Menschen, die ich schon lange kenne,die politischen Überzeugungen fast religiös werden und dogmatisch. Offenbar genügt eine kleine Schwankung der Lebensumstände, dass sich viele Menschen äußerst bedroht fühlen und sofort Ausschau halten nach irgendeinem Schuldigen. Und sie nehmen dankbar Angebote von Parteien an, die einem Schuldige präsentieren. Das ist alles leider schon passiert im vorigen Jahrhundert und man merkt, dass das alles immer wieder kommen kann. Der Mensch hat sich nicht wesentlich geändert. Wir haben offenbar ein großes Bedürfnis nach einer Welterklärung, die uns alles einfacher und übersichtlicher macht.“ Fazit: Einfache Erklärungen gibt es nicht – weder im Leben noch auf der Bühne.«
Autor:KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.