Weihnachtsbotschaft von Bischof Scheuer
Immanuel – Gott mit uns

Foto: Wakolbinger

Die Antwort auf die Nähe Gottes ist ein „Wir mit Gott“, schreibt Diözesanbischof Manfred Scheuer in seiner Weihnachtsbotschaft an die Leser/innen der Kirchenzeitung.

Sind Sie mit Ihrem Vornamen zufrieden? Sind Sie nach einem konkreten Menschen benannt worden oder war es der Klang des Namens, nach dem Ihre Eltern diesen ausgesucht haben? Wurde Ihnen mit Ihrem Namen ein Auftrag mitgegeben? Ist Ihnen ein Spitzname oder ein zweiter Vorname wichtiger geworden?

Die Namenswahl ist ein sehr interessanter Vorgang. Kinder, die ihren Haustieren Namen geben, erleben ein Gefühl von Patenschaft und Verantwortung. Eltern packen nicht selten Wünsche in die Namenswahl hinein. Ein fröhlicher Name, ein schöner Name, ein besonderer Name, ein unverwechselbarer Name soll es sein. 

Der Name Jesus

Die Namenswahl spielt im Weihnachtsevangelium nach Matthäus eine bedeutende Rolle. Im Traum hört Josef die Verheißung: „Siehe: Die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns.“ Josef tut, wie ihm befohlen wurde, heißt es weiter. Das Kind wird geboren und er gibt ihm den Namen Jesus.

Auf den ersten Blick wirkt das wie ein Widerspruch: Hatte die alte Weissagung keine Auswirkung auf die Namenswahl Jesu? Oder doch? Es wird nicht näher bestimmt, wer nach der Prophezeiung ihm dann den Namen Immanuel gibt. Es sind offensichtlich nicht die Eltern gemeint – sondern die nicht näher bestimmte Menge, die Menschen, die ihm begegnen, die erleben, was er tut und wie er Gottes Botschaft verkörpert. Sie geben Jesus den Beinamen, nicht als Anrede, sondern als Interpretation dessen, was sie an ihm wahrnehmen und durch ihn spüren: Gott ist mit uns. 

Nichts blieb ihm fremd

Das war nur möglich, weil Jesus ein Kind dieser Welt wurde, hineingestellt in die Erwartung, in die Fürsorge und in den Schutz von Maria und Josef, hineinverwoben aber auch in Unverständnis, Abweisung, Fremdheit, Heimatlosigkeit. Nichts Menschliches blieb ihm fremd. Er kannte die oft erdrückende Gewöhnlichkeit des Lebens in Nazaret. Der größte Teil seines Lebens war geprägt durch Alltäglichkeit, in der viele Sackgassen, viel Vergeblichkeit und viel Mühe steckten. Danach musste er mit der Einsamkeit zurechtkommen. Um ihn herum spitzten sich Ablehnung, Widerstand, Gleichgültigkeit, Verrat, Hass, Feigheit zu. Jesus schuf aber Räume des Lebens. 

Dienen

Den Willen zur Macht unterlief er durch das Selbstbewusstsein des Dienens. Er wollte nicht andere kleinkriegen, um selbst groß dazustehen. Durch ihn konnten sich andere aufrichten, durch ihn wurden sie heil und gesund. Er rief in ihnen die besten Möglichkeiten wach. Sie entdeckten durch ihn eine neue Melodie, die Melodie Gottes für ihr Leben. Durch ihn entstanden Freiräume des Lebens, das stärker ist als der Tod, Freiräume einer unzerstörbaren Hoffnung. 

Seit Weihnachten wissen wir ganz konkret, wer und wie Gott zu uns ist. Wir wissen, dass er uns verzeiht, uns versöhnt, uns heilt und seine Nähe zusagt. Er ist ein Gott, vor den wir auch die teils banalen, teils existenziellen Sorgen hinlegen können. Die Sorge um andere Menschen, die Angst vor der Einsamkeit, die Sorge um die steigenden Lebenshaltungskosten, die lähmende Furcht angesichts globaler Bedrohungen, die so weit weg von der unmittelbaren Einflusssphäre liegen. 

Gottes Nähe

Die Nähe Gottes zu erfahren, ist dabei nicht nur eine Frage der inneren Einstellung. Die Nähe Gottes muss erfahrbar gemacht werden durch Menschen, die dem Gott-mit-uns mit einem Wir-mit-Gott antworten. Die Anwesenheit Gottes kann Raum greifen, wenn wir Jesus-Immanuel auch in unserem Leben verkörpern, wenn wir sein Handeln als Leitmotiv verinnerlichen und Menschen durch uns spüren: Gott ist da.

Weihnachten ist nicht nur ein Fest im Jahreslauf, sondern verkörpert eine Haltung, der wir Christinnen und Christen Tag für Tag Gestalt geben dürfen. Diese Haltung ist das Erkennungszeichen jeder christlichen Gemeinde und der Kirche insgesamt, die sich auf Jesus Christus, den „Immanuel“, beruft. Die Menschen sollen in der Kirche spüren: Gott ist da. Ein großer weihnachtlicher Auftrag, eine große weihnachtliche Herausforderung. Gerade zu Weihnachten möge nicht nur darauf geachtet werden, wo dieser Anspruch nicht gelingt, sondern es sind die vielen Anfänge und Hoffnungszeichen zu sehen, die in den Gemeinden alltäglich gelingen.

Hoffnungsvoll Neues

Weihnachten steht mit der Feier der Geburt Jesu nämlich für den Beginn von etwas hoffnungsvoll Neuem. Mit jeder Geburt eines Menschen kommt etwas Neues in die Welt. Jeder Mensch ist ein neuer Anfang, begabt mit der Freiheit zum gemeinsamen Handeln. Weihnachten kann also ein zündender Impuls sein, in jedem Menschen einen neuen Anfang Gottes zu sehen und selbst Neuanfänge zuzulassen. 

Solche weihnachtlichen Anfänge sind möglich, wo Menschen einander verzeihen und einander nicht mehr auf das festlegen, was war, sondern ausprobieren, was sein könnte. Solche neuen Anfänge sind möglich, wenn wir lernen, uns mit den Augen Gottes zu sehen. Solche Anfänge sind möglich, wenn wir in jedem Ende nach dem neuen Anfang suchen. Gott ist mit uns, wir sind mit Gott – der Name Immanuel ist Programm für weihnachtliches Leben: als Menschen mit Zukunft und Hoffnung, als Menschen, die zur Liebe und zum Frieden fähig sind, als Menschen, die durch ihr Handeln Neues schaffen und zärtlich und behutsam sein können. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes Jahr 2023.

+ Manfred Scheuer

Autor:

KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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