neue Initiative: Wilhering und Tabakfabrik Linz
Apostel des digitalen Humanismus
„Ist die Welt noch zu retten?“ Gemeinsam handeln und anpacken, Brücken bauen und Lösungen anstoßen für die großen Themen unserer Zeit will man im Stift Wilhering. Das soll gemeinsam mit dem Kreativitätsstandort Tabakfabrik Linz passieren. Das „Forum Humanismus Wilhering“ wurde im Juni gegründet.
„Religion ist Teil der Lösung“, sagt Abt Reinhold Dessl selbstbewusst. Zur DNA des Christentums gehöre, zur vollen Menschwerdung aller beizutragen. Er bringt diese Sichtweise in das soeben gegründete „Forum Humanismus Wilhering“ ein.
Dieser Verein begibt sich auf die „Suche nach der Menschlichkeit im Digitalen“ und will zu Lösungen der allgegenwärtigen Krisen auf Basis eines humanistischen Menschenbildes beitragen. „Es geht um Kommunikation, nicht nur um hyperschnelle Verbindungen“, erinnert der Wilheringer Abt an den jahrhundertealten Kulturauftrag des Klosters.
Expedition als digitale Einkehr
Als erster Schritt ist im September der dreitägige Kongress „Digitaler Humanismus“ geplant, veranstaltet als Expedition zu Themen und Orten. Dabei wird erstmals die „digitale Einkehr“ in den 875 Jahre alten Mauern des Stifts Wilhering erprobt. Man will aus dem Alltag heraustreten und einander offene Fragen stellen.
Entstehen sollen gemeinsame Lagebilder und ein Kompass, der hilft, ins aktive Tun und Gestalten der Gesellschaft zu kommen. Geplant ist unter anderem die Zusammenarbeit mit Schulen und Unternehmen. Bei der Expedition von 23. bis 25. September gibt es öffentlich zugängliche Veranstaltungen und geschlossene Runden, allesamt mit namhaften Expert/innen wie der Publizistin Katharina Nocun und dem Arzt Johannes Huber.
Zeit und Raum
Die Schauplätze der Expedition sind sprechend und der Rahmen ist liturgisch gestaltet: Gestartet wird mit Orgelklängen, einem Psalm und dem Segen des Bischofs in der Stiftskirche. Im ehemaligen Weinkeller steht man auf nackter Erde und wird daran erinnert, dass wir alle wie der Erdling Adam aus Erde geschaffen sind.
Diese Erfahrung soll helfen, auf dem Boden zu bleiben. Die Totenkapelle ist der Ort, wo etwas zu Ende geht und etwas Neues beginnt. Bischof Manfred Scheuer wird dort einen Vortrag halten, der nicht kommentiert, sondern nur still bedacht wird.
Begleitet von Orgelklängen marschiert man hinauf zur Empore der Stiftskirche und blickt in den Rokokohimmel. Es geht dabei – wie bei den Kirchenführungen des Abts – um die Einmaligkeit des Zufalls, die gekonnte Planlosigkeit und die schöpferische Zerstörung. Diese gelten als förderliche Rahmenbedingungen für die Entstehung von Innovationen.
Im Gewächshaus hoffen die Veranstalter/innen am folgenden Tag auf die (Photo-)Synthese. Für den wissenschaftlichen Begleiter der Veranstaltung, Harald Katzmair, sind die kirchlichen Räume und Akteur/innen eine Erinnerung daran, dass es nicht nur die Welt der Dinge, sondern auch „das Formlose und Unendliche“ gibt. Der Verlust dieses Bewusstseins führe zur ständigen Überfüllung und sei ein Grund der Krise. Erst wenn Überhitzung und Bedrängnis überwunden werden, entstünden Kooperation und konstruktive Lösungen.
Langer Atem gefragt
Die Initiator/innen verstehen sich als „Apostel des digitalen Humanismus“. Sie wissen, dass das Thema groß ist und der Weg nicht einfach. Sie hoffen auf Multiplikator/innen und Mundpropaganda. Peter Weichselbaumer, Vorstandssprecher des Forums Humanismus Wilhering, ermutigt: „Wir müssen es versuchen.“
Der Direktor der Tabakfabrik Linz Chris Müller verweist auf viele positive Beispiele, wo die Digitalisierung den Menschen dient und nicht umgekehrt. Doch es brauche Mut, an das Gute zu glauben: „Ich habe zwei Kinder.“
Expedition „Digitaler Humanismus“ im Stift Wilhering: 23. bis 25. September 2022; www.humanismus-wilhering.com
Autor:KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung |
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