Arbeitswelt
Wenig Zeit, kein Geld, kein Personal
Rund um den Tag für menschenwürdige Arbeit am 7. Oktober besucht der Treffpunkt menscharbeit Mitarbeiter/innen in Betrieben. Heuer waren die Mitarbeiter/innen der mobilen Dienste und Kinderbetreuungseinrichtungen an der Reihe. Es fehlt an Geld und Personal, sagt deren Betriebsrätin Gisela Sabrowksy.
„Einspringdienste sind auf der Tagesordnung. Zuerst sind Kollegen und Kolleginnen wegen der Corona-Quarantäne ausgefallen, jetzt fehlen sie wegen des Personalmangels“, berichtet Gisela Sabrowsky, Betriebsrätin Mobile Dienste Caritas.
Stellenausschreibungen blieben über Monate aufrecht, ohne dass eine entsprechende Nachbesetzung mögich wäre. „Das trifft allerdings alle gleichermaßen, nicht nur die Caritas“, sagt Sabrowsky.
Durch die generelle Personalknappheit in den Heimen steigt der Bedarf bei den mobilen Diensten, der nur abgedeckt werden könne, weil die Beschäftigten in diesem Bereich regelmäßig über ihr Anstellungsausmaß hinaus arbeiten, sagt die Katholische Arbeitnehmer/innen Bewegung (KAB).
Sabrowsky betont, dass es seitens der Dienstgeber keinen Druck gebe: „Die Teamleitung erstellt je nach Bedürfnissen der Klient/innen und Dringlichkeit einen Plan. Der Druck entsteht nicht durch die Zeit, die man bei den Klienten verbringt, sondern durch die Fülle an Aufträgen, die an einem Tag abzuarbeiten sind.“ Eine Vormittagstour könne acht verschiedene Stationen enthalten.
Hohes soziales Bewusstsein
Das treffe auch auf die mobilen Familiendienste zu, deren Einsätze an Zahl und Schwere zugenommen hätten. „Die mobilen Familiendienste der Caritas leisten Entlastungsabeit in den Familien und helfen diesen teils über Jahre, etwa wenn die Mutter krebskrank ist. In letzter Zeit sind sie oft in Familien mit psychisch erkrankten Eltern im Einsatz.“
Die Mitarbeiter/innen der mobilen Pflege- und Familiendienste wollen nicht nur „bei der Tür rein und wieder hinaus“, sondern ihnen liegen die Menschen am Herzen: „Es ist ein sehr schöner und sinnstiftender Beruf, in dem man auch Erfolgserlebnisse haben kann, wenn man mit ausreichend Zeit ausgestattet ist“, sagt Sabrowsky.
Nicht selten komme es vor, dass die Pflegerin die einzige Ansprechperson des Tages für eine alleinstehende ältere Person ist. Bei den Kolleg/innen sei grundsätzlich ein sehr hohes soziales Bewusstsein da, deshalb seien solche Situationen mitunter sehr belastend. „Es gibt robustere Mitarbeiterinnen, die das besser aushalten, aber selbst sie leiden unter der Dauerbelastung mit den vielen Einspringdiensten. Es gibt in letzter Zeit so viele Wechsel unter den Mitarbeiter/innen wie noch nie. Einerseits gehen die Babyboomer in Pension und andererseits binden sich jüngere Mitarbeiter/innen nicht mehr so lange.“
Kampf um Fachkräfte
Gisela Sabrowsky vermutet, dass es einen Wettlauf unter den jeweiligen Trägern geben wird, wer die Arbeitskräfte bekommt, die da sind. „Umgekehrt wissen die Pflegerinnen, dass ihnen die Türen offenstehen und sie überall gebraucht werden.“
Es gibt dann natürlich noch jene, die den Bereich ganz verlassen, weil „der Beruf an der eigentlichen Berufung vorbeigeht“, sagt die KAB. Für viele bereite auch die aktuelle Teuerung Probleme. Das Kilometergeld – viele Mitarbeiter/innen der mobilen Dienste fahren mit dem eigenen Pkw – würde bei weitem nicht die hohen Benzinkosten abdecken.
Die KAB möchte mit einer Dankeskarten-Aktion und einem Besuch am Arbeitsplatz die Arbeit der mobilen Pflege- und Familiendienste würdigen. Gleichzeitig stellt sie Forderungen an die Politik: „Wertschätzung zeigt sich auch in einem lebensfreundlichen Anstellungsausmaß, in Planbarkeit und fairer Entlohnung.“
Gisela Sabrowsky ergänzt: „Bessere Entlohnung ist immer gut.“ Sie schlägt beispielsweise Rufbereitschaftszulagen oder einen Flexibilitätszuschlag vor. „Aber ohne bessere Rahmenbedingungen wird es eng. Wenn der Druck so groß ist und Touren so geballt sind, verlassen die Mitarbeiter/innen den Beruf, weil sie den Stress nicht mehr wollen, selbst wenn es finanziell vielleicht sogar gepasst hätte.“
Blick in die Zukunft
Für die mobilen Teams sei es schrecklich, aufgrund von Personalmangel Aufträge ablehnen zu müssen, sagt Sabrowsky. „Die Klient/innen kann man nicht einfach auf eine Warteliste setzen, sie brauchen Unterstützung innerhalb eines vernünftigen Zeitraums.“
Die Betriebsrätin bezeichnet es als sehr besorgniserregend, dass die Politik sich nicht schon längst des Problems angenommen hat: „Oft wird man etwas ratlos, ist die Pflege doch in aller Munde. Wenn die mobilen und stationären Einrichtungen den Bedarf längerfristig nicht abdecken können, was passiert dann?“ «
Autor:KirchenZeitung Redaktion aus Oberösterreich | KirchenZeitung |
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