Muttertag
Wenn loslassen so einfach wäre

„Du bist die beste Mutti!“ – Den Satz hören viele Mütter gerne.  | Foto: ©Strelciuc - stock.adobe.com
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  • „Du bist die beste Mutti!“ – Den Satz hören viele Mütter gerne.
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Müttern sagt man nach, dass sie sich besonders schwer von ihren Kindern trennen könnten. Vielleicht steckt ja ein Funken Wahrheit dahinter. Familiencoach Ilse Lechner geht den möglichen Ursachen dafür auf den Grund.
„Es stimmt schon, dass Frauen ein besonderes Verhältnis zu ihren Kindern haben. Schließlich haben sie sie neun Monate in ihrem Bauch getragen und ihre Bewegungen gespürt. Mehr Nähe geht gar nicht“, ist Ilse Lechner überzeugt. Auch wenn in der Zwischenzeit die werdenden Väter immer mehr Anteil haben an der Schwangerschaft und der Geburtsvorbereitung, so ist diese Zeit für die werdenden Mütter doch intensiver.

Die ersten Trennungen
Bei der Geburt müssen sich Frauen ein erstes Mal von ihrem Kind trennen. Für die meisten überwiegt hier die Freude, Trennungsschmerz ist da eher selten. Das kleine Wesen ist für alle sicht- und greifbar. Die Eltern sind nun verantwortlich für sein Wohl. „Auch in dieser Phase sind die Mütter in der Regel einen Schritt näher am Kind. Das bringt schon allein das Stillen mit sich“, meint Lechner. Das Abstillen ist für sie schon die zweite Trennung von Mutter und Kind. „Dabei ist es interessant, wie lange manche Mütter diesen Zeitpunkt hinauszögern. Das Loslassen fällt da schon schwerer.“ Kommt das Kind in die Krabbelstube und den Kindergarten, gibt die Mutter endgültig Kontrolle ab. Die Frage „Wie geht es meinem Kind, wenn ich nicht da bin?“ beschäftigt sie. Das alles schmerzt. Manche Mütter sehr, manche weniger heftig.

Schnell verfügbar
Für die Lebensberaterin sind auch die weiteren Lebensjahre der Kinder meist von einer sehr engen Beziehung zur Mutter gekennzeichnet. „Das bringen die gesellschaftlichen Strukturen nach wie vor mit sich. Sofort zur Stelle, wenn man sie braucht, ist eben meist die Mutter.“ Mütter sind prinzipiell für alles zuständig. Besonders für die Sorgen. „Probleme mit Freunden oder in der Schule wollen gleich erzählt werden. Später ist oft zu spät. Und so trifft es in der Regel die Mütter, Kinder über ihren Kummer hinwegzutrösten.“ Väter bekleiden häufig den aktiven Part. „Auch das brauchen die Kinder: Hinausgehen in die Natur, Zutrauen, etwas Neues ausprobieren. Das ist alles ganz wichtig für die Entwicklung und die Selbstsicherheit.“

In die Selbständigkeit entlassen
Kinder brauchen beides: Fürsorge und Autonomie. Das Kleinkind ist auf Nähe, Schutz und Geborgenheit durch die Eltern angewiesen. „Aber irgendwann ist es nicht mehr die Aufgabe der Mutter, dem Kind die Butter aufs Brot zu schmieren, weil es das alleine kann. Es kann auch alleine zur Schule gehen und hat für den Notfall ein Handy dabei.“ Ilse Maria Lechner schreibt eine übermäßige Fürsorge oft der Gedankenlosigkeit und Gewohnheit zu. „Ich bin für mein Kind die Welt, dieser Satz gilt nur bei einem Baby. Später braucht jedes Kind Freiräume.“

Gegenseitige Wertschätzung

Mit einem guten Sicherheitsnetz lernt ein Kind, Schritt für Schritt in die Selbständigkeit zu gehen. Eltern sorgen dabei für kontrollierte Bedingungen. Indem man etwa die Voraussetzungen und Umstände für ein Auslandssemester gut im Blick hat.
„Was möchte ich langfristig für eine Beziehung zu meinem Kind haben? Diese Frage sollte man sich stellen. Dann fällt es vielleicht leichter, loszulassen. Und dann kommen Kinder auch gerne wieder ins Hotel Mama. Nicht, weil sie sich verpflichtet fühlen, sondern weil sie es gern tun. Und sich wieder einmal verwöhnen lassen wollen!“

Als Dipl. Montessoripädagogin und Lebens- und Sozialberaterin coacht Ilse Lechner Eltern und Familien. Sie hält Vorträge, Workshops und Seminare – sowohl online als auch offline – und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Wien. Aktuell arbeitet sie an einem umfangreichen Online-Aus- und Weiterbildungsprogramm für Eltern, das im kommenden Herbst startet. Angebote gibt es auf Webseite und Blog: www.entfaltungsparadies.at

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Ilse Lechner | Foto: privat
Autor:

Brigitta Hasch aus Oberösterreich | KirchenZeitung

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