Tüfteln an einer Vision für den Seelsorgeraum

Kirche leben. Pfarrer Norbert Filipitsch (Mitte) und sein Team – mit vielen engagierten Ehrenamtlichen – versuchen eine Vision für den Seelsorgeraum zu entwickeln. Am Foto: Gottesdienst während der kanonischen Visitation mit Bischof Ägidius vor wenigen Wochen.    | Foto: GOTTFRIED WOLF
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  • Kirche leben. Pfarrer Norbert Filipitsch (Mitte) und sein Team – mit vielen engagierten Ehrenamtlichen – versuchen eine Vision für den Seelsorgeraum zu entwickeln. Am Foto: Gottesdienst während der kanonischen Visitation mit Bischof Ägidius vor wenigen Wochen.
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Der Seelsorgeraum „Zum Heiligsten Herzen Jesu“ umfasst die Pfarren Pinkafeld, Grafenschachen und Kitzladen – sowie zahlreiche Filialen. Pfarrer Norbert Filipitsch hat eine Vision, wie er sein weitläufiges Wirkungsgebiet zu einer Einheit formen will, in der jeder vom anderen profitiert.
GERALD GOSSMANN

Wenn Pfarrer Norbert Filipitsch das Gebiet seines Seelsorgeraums umreißt, kann man als Zuhörer schnell den Überblick verlieren. Der Seelsorgeraum „Zum Heiligsten Herzen Jesu“ umfasst die Pfarren Pinkafeld, Grafenschachen und Kitzladen, die Lokalseelsorgestelle Sinnersdorf – und: die Filialen Riedlingsdorf, Wiesfleck, Hochart, Schreibersdorf, Neustift an der Lafnitz, Kroisegg, Unterwaldbauern, Loipersdorf und Buchschachen.
Verschnaufpause.
„Kleriker und Laien müssen Hand in Hand gehen.“ Norbert Filipitsch leitet den Seelsorgeraum, unterstützt wird er von Pfarrer Léon Variamanana, dem pensionierten Priester Br. Martin Treipl, den Diakonen Rudolf Exel und Johannes Müller – und: einem großen Team an ehrenamtlichen Laien-Mitarbeitern, die immer mehr an Bedeutung gewinnen. Das Wort „Laie“ hört Pfarrer Filipitsch jedoch nicht gerne. „Ich wehre mich dagegen, einen großen Unterschied zwischen Klerikern und Laien zu machen“, betont er im martinus-Gespräch. „Wir alle sind das pilgernde Volk Gottes – und Gläubige mit unterschiedlichen Beauftragungen.“ Die flächendeckende Installierung von Seelsorgeräumen (und der zunehmende Priestermangel) erfordert den Beitrag von Laien-Mitarbeitern in einem Ausmaß wie nie zuvor. Auch im Seelsorgeraum „Zum Heiligsten Herzen Jesu“, wo Männer und Frauen zu Wortgottesdienst-LeiterInnen ausgebildet (und Ansprechpersonen für Filialkirchen definiert) werden. Dadurch entstehen neue Herausforderungen: „Wir haben den Menschen jahrzehntelang nicht zugetraut, dass sie sich in der Liturgie einbringen und kleinere Dienste vollbringen. Jetzt benötigen wir vermehrt Wortgottesdienstleiter. Was zur Folge hat, dass man sie jetzt oft ohne ausreichende Begleitung in diese Aufgaben stößt“, erklärt Filipitsch. Im Seelsorgeraum will man genau dort ansetzen: „Kleriker und Laien müssen künftig Hand in Hand gehen.“
Willkommen. Ein Problem dabei: Ehrenamtliche Mitarbeiter wachsen nicht auf den Bäumen. „Es wird immer schwieriger, Menschen zu finden, die sich engagieren“, erzählt Sonja Kleinrath, die sich im Seelsorgeraum seit langem engagiert. Vor allem bei Renovierungen sei sie zuletzt ordentlich gefordert gewesen, betont sie. „Es gibt Menschen, die sich gerne einbringen“, erzählt Pfarrer Filipitsch, „aber man muss sie suchen und ganz ernsthaft ermutigen. Wir brauchen nicht nur Leute auf dem Papier – entscheidend ist, dass sie ihre Charismen in den Seelsorgeraum einbringen.“ So wurde zuletzt ein Willkommensdienst organisiert. Vor Gottesdiensten empfangen Ehrenamtliche (und immer wieder auch Priester) die Gläubigen vor der Kirche, es wird dabei geplaudert – und: „dem drohenden Beziehungsverlust entgegengewirkt“, betont Filipitsch. Es sei wichtig, in jeder Pfarre und Filiale kompetentes und engagiertes Ansprechpersonal zu haben, die das kirchliche Leben pflegen. In einem gewissen Rhythmus besuchen auch die beiden Pfarrer regelmäßig alle kirchlichen Einheiten, feiern Gottesdienste und nehmen an Veranstaltungen teil.
Starthilfe. Dazu wird eine Vision entwickelt, die den gesamten Seelsorgeraum innerlich vereinen und prägen soll. Jede Pfarre, jede Filiale wird ihr eigenes Profil entwickeln: Welche Vorzüge gibt es, welche Ressourcen usw. Nur so, glaubt Pfarrer Filipitsch, könne man abschätzen, welche Feier oder Veranstaltung, welcher Dienst, wo am besten stattfinden oder geleistet werden könne. Vor allem in den kleinen Filialen ist der Messbesuch vergleichsweise hoch, auf der anderen Seite gibt es in den größeren Pfarren vielfältigere personelle Ressourcen. So profitieren kleine Dörfer vom großen Wortgottesdienstleiter-Pool in Pinkafeld. Auch bei den Ministranten verhält es sich ähnlich: „Es gibt Orte mit sehr wenigen Ministranten, da möchten wir schauen, wo es viele gibt und so jenen Filialien oder Pfarren mit Defiziten ein wenig Starthilfe geben“, erklärt Filipitsch. In zahlreichen Bereichen findet man im Seelsorgeraum bereits zusammen. Die Firmvorbereitung wird in Teilen gemeinsam absolviert. Der neue Liturgiekreis soll für den gesamten Seelsorgeraum zuständig sein. Maiandachten oder der Emmausgang werden ebenso an einem Ort für alle Gläubigen organisiert. Auch ein gemeinsames Pfarrblatt wird künftig produziert. Neu ist: Die Sonntag-Abendmessen finden zentral nur in einer Pfarre oder Filiale statt – „da ist viel Bewegung drinnen, die Gläubigen besuchen diese auch abseits ihres Heimatortes.“ Auch das hat Vorteile: Man lernt neue Menschen kennen. Oft würden sich Gläubige freuen, berichtet Filipitsch, wenn in einem kleinen Dorf zur Abendmesse zehn neue Gesichter auftauchen.
Derzeit verfolge man zwei Strategien: Das kirchliche Leben soll auch in der kleinsten Filiale aufrecht erhalten werden. Aber: „Es wird dahin gehen, dass man eine Osterliturgie oder eine Christmesse an einem Ort feiert – und Gläubige aus dem gesamten Seelsorgeraum kommen dafür zusammen“, betont Filipitsch, der „Denkprozesse“ in Gang setzen möchte. Gegen manche Vorschläge gebe es Abneigung in der Bevölkerung. „Aber wie geht es einem Pfarrer, der mit ein paar wenigen Leuten eine Messe feiert. Es wird auch immer schwieriger, Organisten und Chöre zu finden. Da wird es ein gutes Miteinander brauchen.“
Sorgen muss sich kein Gläubiger machen: Das Recht auf einen Sonntagsgottesdienst in der eigenen Pfarre ist auch kirchenrechtlich verankert, daran wolle niemand rütteln, wird betont. Oft höre Filipitsch von Gläubigen das Argument, etwas sei „schon immer so gewesen“, weshalb ein Fortbestand eingefordert werde. „Aber wenn etwas keinen Sinn macht, müssen wir darüber reden. Gemeinsam. Es soll nichts von einem alleine entschieden werden.“
Groß denken. Man müsse sich darauf konzentrieren „welche Ressourcen gibt es und welche Fähigkeiten. Wenn es in Hochart im Freien einen schönen Kreuzweg gibt, dann werden wir für eine bestimmte Feier alle dorthin gehen.“ Filipitsch versucht die Gläubigen zu ermutigen, neu und vor allem groß zu denken. „Mein Ansatz ist: Denke immer ein bisschen größer, nicht zu kleinlich – weil Gott denkt von dir riesig.“ Dann kommt doch ein wenig Pragmatismus im Seelsorgeraum-Leiter durch: „Denken wir mal groß – und dann schauen wir, was wir uns leisten können.“ «

Autor:

Martina Mihaljević aus Burgenland | martinus

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